Hoax – Alte Liebe rostet nicht! – Hoax 2016

Von Matthias Bosenick (24.04.2016)

Jetzt nochmal in Ruhe: Es gibt neue Studioaufnahmen von Hoax. Ein Vierteljahrhundert nach dem letzten Album „Ohne Mwst.“ und elf Jahre nach der Best-Of „Wunderbar“. Mit drei neuen Songs, einem Remake von „Ophelia“ und dem Cover einer Band, die die deutliche Inspiration unterstreicht: die Ramones. Keine 13 Minuten Mucke, passt auf eine klassische Punk-7“, liegt also voll auf Linie. Denn Punkrock ist die grobe Grundlage für die Songs. Die offenbaren zweierlei: Hoax sind ganz die Alten, man hat sofort den großen Wiedererkennungsmoment, aber – und es wäre schlimm, wenn’s anders wäre – es ist tighter gespielt und produziert. Und der Titel ist Programm.

Die Jungs aus der Heide haben hörbar Bock, Musik zu machen. Alle paar Jahre tun sie sich zusammen und spielen live, aber mit einer Ausnahme (der Patriotismus-Schmähung „Mir ist kein Hirn gewachsen“ von der Best-Of) ohne neues Material. Bis jetzt. Hoax behalten auf der EP ihren musikalischen Duktus bei, mit Hey- und Ah-Chören, Punk-Beats, schnellen Gitarren sowie Alltagsthemen. Live fallen die neuen Songs unter den alten also nicht auf – was aber vielmehr daran liegt, dass die Band heute anders spielt als einst, sie also die alten Songs eher an die neue Inkarnation anpasst als die EP an früher.

Mehr als einst dringt hier ein metallischer Tonfall durch: Die Gitarren sind härter, und wenn sie zu zweit umeinander rotieren, kommt sogar ein leichter Hauch von NWoBHM auf. Zudem scheint die Musik heute lückenloser gespielt zu sein, die Kompositionen sind ausformulierter. Das macht die Songs dichter, aber nicht überladen. Und dann diese Hymnen. Man möchte jeden Song sofort auswendig können und stellt schnell fest, dass man diesen Punkt nach nur wenigen Hördurchgängen längst erreicht hat. Vincent hat seinen Gesang besser unter Kontrolle als früher, auch da nimmt man die positive Entwicklung wahr. Die englische Aussprache indes lässt nach wie vor eindeutig auf die Herkunft schließen, aber das ist wie früher schon charmant.

Auf Englisch sind zwei der fünf Stücke: „SOS“, eines der drei neuen, und „Today Your Love“ von den Ramones, mit dem die Hoaxies auf ihre Zweitinkarnation als Ramones Experience Tribute Band verweisen. Das Titelstück und „Am Ende wird alles gut“ behandeln zwar keine juvenilen Themen, sondern eher die von Erwachsenen, aber mit einer Haltung, wie Hoax sie ihnen auch als Jugendliche entgegengebracht hätten. Und was sie aus „Ophelia“ vom zweiten Album „Den Letzten beißen die Hunde“ gemacht haben, zeugt vom grandiosen Spielspaß, den die Jungs haben.

Also, diese EP macht allerbeste Laune und weckt nostalgische Gefühle, ohne ausschließlich diese zu bedienen. Wie war das doch, als man die erste LP „Ich liebe nur mich“ auf dem Schulhof tauschte, das Vinyl in dunklem Pink. Und dann diese geilen Konzerte in Groß Oesingen mit wildestem Vorprogramm. Die neue EP zeigt, dass man älter werden kann, ohne sich selbst zu verlieren; weder in einer Schein-Jugendlichkeit noch in verdudelter Nostalgie. Das haben Hoax ihren Epigonen voraus, allen voran den Toten Hosen.

Die EP ist erhältlich über die Webseite der Band.