Gojira – Les enfants sauvages – Roadrunner 2014

Von Matthias Bosenick (09.04.2014)

Roadrunner, das Label der besonders limitierten Sondereditionen, veröffentlicht das dritte Live-Dokument von Gojira. Kann man verstehen, denn die Franzosen brachten in 20 Jahren erst fünf Studioalben heraus, da hat man es als Label schon schwer, die Kuh zu melken, insbesondere, wenn sie bei der Zielgruppe so einen guten Ruf hat. Den hat sie berechtigt: Gojira machen abwechslungsreichen und (man muss das Industriewort hier verwenden) innovativen Death-Black-Metal mit Groove, Tapping, Melodien und Umweltschutzthemen. „Les enfants sauvages“ belegt das in aufwändiger Verpackung.

Man kann sich natürlich die Frage stellen, ob man eine dritte Live-DVD von Gojira braucht. Zieht man „Intro“, „Jam“ und „Drum Solo“ ab, hat man mit sechs der verbleibenden zehn Songs Wiederholungen von den vorherigen Live-Alben „The Link Alive“ und „The Flesh Alive“, die vier verbleibenden Stücke stammen vom jüngsten Studiowerk „L’enfant sauvage“. Okay. Die Ausbeute an neuen Live-Tracks ist damit sehr gering, selbst alte Stücke erstmals als Live-Version bekommt der Fan nicht. Dafür verschiebt sich die Quelle der Originale in der Zeit nach vorne: Das noch stark dem Black Metal entnommene Debüt „Terra Incognita“ ist gar nicht mehr vertreten – was sehr schade ist, birgt es doch mit die stärksten Songs im Gojira-Oeuvre. Ältestes Original ist nunmehr „Wisdom Comes“ von „The Link“, das zwar auf „The Link Alive“, aber immerhin nicht auf „The Flesh Alive“ zu hören war.

Warum kauft man sich das limitierte Teil dann trotzdem? Zunächst gewinnt die Musik. Gojira sind mit ihrer Mischung relativ einzigartig im Metal-Sektor: progressiv und melodisch, abwechslungsreich und druckvoll, heavy und soft, eingängig und sperrig, unverwechselbar sowieso. Die Stimme von Joe Duplantier ist wandelbar, er setzt sie mal klar und mal schreiend ein. Sind die Studioaufnahmen schon großartig, beweisen Gojira live, dass sie ihre Songs auch auf der Bühne beherrschen – auch das ist nicht selbstverständlich dieser Tage.

Als zweiter Kaufgrund steht die Verpackung: Roadrunner kleidete den Ton in ein Buch. Es zeigt Schwarzweißfotos von Auftrittsorten rund um die Welt, die irgendwo zwischen Kunst und Doku angesiedelt sind und die das vergnügliche Lebensgefühl einer Metal-Band widerspiegeln, ohne die handelsüblichen Klischees. In dieses Buch integriert sind DVD und CD mit jeweils derselben Tonspur. Das Konzert in der Londoner Brixton Academy, das hier vorliegt, dauerte nicht einmal eine Stunde und passt daher selbst auf den Audiotonträger. Auch das Bild der DVD zeigt die Band, wie man sie auf den Fotos wahrnimmt: sympathisch, fidel, agil, kraftvoll. Das reicht, oder? Macht sich gut in der Sammlung.

Die Tracklist mit Originalquelle und Zweitverwertung:

01 Intro
02 Explosia (L’enfant sauvage)
03 Flying Whales (From Mars To Sirius, The Flesh Alive)
04 Backbone (From Mars To Sirius, The Flesh Alive)
05 The Heaviest Matter Of The Universe (From Mars To Sirius, The Flesh Alive)
06 L’enfant sauvage (L’enfant sauvage)
07 Toxic Garbage Island (The Way Of All Flesh, The Flesh Alive DVD)
08 Wisdom Comes (The Link, The Link Alive)
09 Jam
10 Oroborus (The Way Of All Flesh, The Flesh Alive)
11 Drum Solo
12 The Axe (L’enfant sauvage)
13 The Gift Of Guilt (L’enfant sauvage)

[Edit 10.04.2014]

Natürlich ist dies die vierte Live-DVD: Der limitierten Version von „L’enfant sauvage“ lag auch eine bei. Deren Tracklist überschneidet sich mit der von „The Flesh Alive“, stammt der Mitschnitt doch von der selben Tour.

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