Afsky – I stilhed – Vendetta Records 2022

Von Matthias Bosenick (15.12.2023)

Einer der vielen schönen Aspekte am Black Metal ist seine Vielseitigkeit. Gelang es der Kopenhagenerin Amalie Bruun alias Myrkur etwa damit, dass sie Kammerchöre und Folklore in ihre Variante von Black Metal einband, die aufgebrachte Hörerschaft zu verunsichern, legt ihr temporärer Mitmusiker Ole Luk alias Afsky damit nach, dass er mit „I stilhed“ eine EP mit Akustikversionen seiner Black-Metal-Stücke herausbringt. Ja: Er allein an der Klampfe. Die Kompositionen geben es her, dass diese Versionen nicht nah Lagerfeuer klingen, sondern die melancholische Schwärze auch im Minimalismus in sich tragen. Auf der B-Seite rotiert ein augenverdrehendes Muster mit, dem Vinyl liegt ein Heft mit den Akkorden bei. Veröffentlicht bereits im Sommer 2022, liegt es an der Unfähigkeit des Paketzustellers, die Adresse korrekt zu lesen, dass der Rezensent die EP erst jetzt in Händen hält.

Minimalistisch und reduziert schlägt Luk seine akustische Gitarre an, er lässt jedem Ton, jedem Akkord Raum; an geeigneter Stelle verziert er die Stücke mit zwei, drei zusätzlichen filigranen Griffen, an anderer scheint er sich selbst zu begleiten. Die Verzweiflung der Art von Black Metal, die er mit Afsky, Heltekvad und bis vor einiger Zeit noch mit Solbrud ausdrückte, schwingt hier in den Akustikversionen ebenfalls mit, trotz der komplett heruntergestrippten Darreichungsform. Es liegt eben an den Kompositionen, die tragen die ausweglose Schwermut schon in sich. Manche ähneln mittelalterlichen Kompositionen, wie Luk sie etwa in sein Projekt Heltekvad einbindet, gottlob ohne den Kitsch, den mittelalterlich orientierte Musik in Deutschland so gut wie immer in sich trägt.

Manche Passagen wecken Erinnerungen, der Anfang etwa könnte in den Schluss von „Nothing Else Matters“ von Metallica übergehen, unterlässt dies aber glücklicherweise. Etwas Simon & Garfunkel mag man irgendwo ausmachen, etwas „Dust In The Wind“ von Kansas, aber das liegt allerhöchstens daran, dass Luk die Gitarre auf vergleichbare Weise bedient, nicht daran, dass seine Songs dort geklaut sind. „I stilhed“ beruhigt ungemein, die Stimmung mag dunkel sein, aber die Musik ist schön, es bereitet Freude, sich die EP anzuhören, und das vermutlich jetzt im Winter noch mehr als im vergangenen Jahr im Sommer.

Bedauerlich ist, dass Luk jüngst Solbrud verließ. An den ersten Aufnahmen des nächsten Albums „IIII“ war er noch beteiligt und wird also auf der Doppel-LP, die zu Beginn des Jahres 2024 erscheint, noch zu hören sein, bevor sein Nachfolger David Hernan von der Band Bound Hands seinen Posten übernimmt.

Die „I stillhed“-EP hätte der Schreiber dieser Zeilen am zurückliegenden Wochenende gern selbst aus der Hand des Erstellers entgegengenommen, nachdem der Paketzusteller sie ihm zunächst aus absurden Gründen zurückgeschickt hatte und nachdem eine persönliche Übergabe danach aus Zeitgründen in Kopenhagen und aus Krankheitsgründen in Kiel nicht möglich gewesen war – doch abermals verhinderte ein Infekt die Zusammenkunft im Braunschweiger Nexus. Als Bote bot sich Veranstalter Nils an und überreichte die 12“ nach einer anderthalbjährigen Odyssee des Vinyls dem erfreuten Empfänger. Danke euch beiden!

Die Tracklist:

01 Altid veltilfreds intro (von Afsky, „Ofte jeg drømmer mig død“, 2020)
02 Efterårsvind (exklusiv)
03 Glemsomhedens elv (von Afsky, „Sorg“, 2018)
04 Solityde (exklusiv)
05 Sorte vand outro (von Afsky, „Sorg“, 2018)
06 Livets væld udrinder (exklusiv)
07 Angst outro (von Afsky, „Ofte jeg drømmer mig død“, 2020)
08 Sig nærmer tiden, det er hvidt herude, drømte mig (exklusiv)