Paul Weller – True Meanings – Parlophone/Warner 2018

Von Matthias Bosenick (05.11.2018)

Ungewöhnlich ruhig lässt es der Modfather Paul Weller auf seinem jüngsten Album angehen. Die Zeit der Experimente, denen seine Gefolgschaft nicht folgen konnte, beendet er mit einem beinahe akustischen Werk, dem deshalb seine Gefolgschaft nicht folgen kann. Großartiger Typ, der immer weiß, wie er mit dem, was er gern mag und macht, die Engstirnigen vor selbige stößt. „True Meanings“ ist ein schönes Album geworden, das zwar Ecken und Kanten vermeidet, aber Widerhaken dennoch zulässt: Die Musik bleibt hängen, auch ohne vordergründigen Rock’n’Roll. Die Remixe der Deluxe-Version sind behutsam und gelungen.

So sparsam war Weller seit seinem zweiten Soloalbum „Wild Wood“ 1993 (sowie der Akustik-Live-CD „Days Of Speed“ von 2001) nicht mehr, als er sich noch dem grassierenden Trip Hop anschmiegte. Den Krawall bürstete er sich nun aus dem Fell, das jetzt recht kuschelig wiederum den Hörer zum Anschmiegen einlädt. Seine Mittel setzt Weller reduziert ein und borgt sie bei sich selbst und teilweise bei anderen Leisemusizierenden aus: Akustikgitarre, Streicher, Hammondorgel, Bläser, Miniorchester, sanfter Shuffle, nachdenkliches Schlagzeug, reflektierter Gesang. Nicht alle Instrumente in jedem Song, sondern jeweils der Stimmung angemessen eingesetzt. Und die hält Weller dezent, reduziert, besonnen, schwelgerisch, je nach Song.

Auf prominente Gäste verzichtet Weller, bis auf seinen Ziehsohn Noel Gallagher, der niemals die Klasse seines Vorbildes erreichen wird und lediglich bei wenigen Stücken im Hintergrund diverse Tasteninstrumente bedienen darf. Reicht auch. Als gelegentlichen zusätzlichen Gitarristen borgt sich Weller Steve Cradock von Ocean Colour Scene aus. Ansonsten bleibt Weller bei unprominenten Helfern und ganz bei sich selbst.

Den griffigen Rock, das Nachvornpreschen und das kantige Experimentieren unterlässt Weller auf „True Meanings“. An The Jam erinnert die Musik also nicht, und auch die Streicher deuten nicht in Richtung The Style Council; eher noch Wellers souliger Gesang. Wiedererkennbar ist der heilige Ernst, mit dem Weller seine neuen Songs vorträgt: Durch seine Karriere zieht sich der Umstand, dass er sich und seine Musik hörbar seriös nimmt. Nicht auf eine überhebliche Art, sondern mit Nachdruck und Fokussierung. Das hört man heraus und das auch sehr gern. Orientierungslose Kaspermucke dürfen andere machen, vorrangig Britpopper, die sich auf ihn berufen und ihn doch nicht verstehen.

Die obligatorische Deluxe-Version ergänzt das Album um drei Remixe und zwei Instrumentalversionen. Anders als Weller selbst noch auf „Sonik Kicks“ gehen die Remixer hier behutsam vor, lassen das Geremixtsein sehr dezent durchschimmern, verleihen den Songs eine hübsche neue Ebene, die sich einfügt in den Rest des Albums. Prominenz findet man auch hier nur bedingt: Richard Hawley ist höchstens einigen Britpopfans ein Begriff, Raven Bush ist ein Newcomer, der maximal aufgrund seiner Tante Kate einige Aufmerksamkeit auf sich zieht, und The Reflex ist auch eher für seine Neubearbeitungen als für seine eigene Musik bekannt.