Von Matthias Bosenick (30.09.2025)
Mit Blechblasinstrumenten, E-Gitarre und Schlagzeug Avantgarde machen? Das kann Yodok III, das Schwedisch-Norwegisch-Belgische Experimental-Trio, bestehend aus Dirk Serries, Tomas Järmyr und Kristoffer Lo. Vor zwei Jahren bespielten sie die Trondheimer Kathedrale Nidarsdomen und nutzten den Ort gleich mal dafür, eine Organistin zu Wort kommen zu lassen. Der einstündige Mitschnitt reicht vom Ätherischen bis zum Pandämonium und beeindruckt schon akustisch so sehr, wie es der Optik des Domes entspricht.
Der Auftritt startet verdientermaßen mit einem Applaus – und dann mit Stille, in die sich ganz überraschend eine Stimme mogelt, mit Gesängen, die wirken, als wolle jemand en Hallraum des Nidarsdomen zu Trondheim austesten, bevor die Musiker so richtig loslegen. Das Instrumentarium, das sich wie unbemerkt dazugesellt, macht aus dem Gesang etwas Sirenenhaftes, wie Walgesänge, ganz still und verträumt, zu einem geigenähnlichen Sound, der den Hintergrund dezent beleuchtet, wie der Score zu einem melancholischen, anspruchsvollen Film oder wie die entrückten alten Sachen von Sigur Rós.
Nach einer ganzen langen Weile erst ist ein Blasinstrument zu hören, also das, wofür die Hälfte des Duos Yodok bekannt ist. Das Instrument verleiht dem eher klassischen Sound etwas latent Jazziges, indem es die Soundscapes zunächst begleitet und dann auch immer mal abweichend, aber einfühlsam ergänzt. Die zweite Hälfte des Duos Yodok darf im Hintergrund schon mal ihr Schlagzeug antasten, und spätestens, sobald man dies wahrnimmt, wird einem klar, dass das fehlende Drittel des Trios Yodok III längst zu hören ist: Das muss eine E-Gitarre sein, die da die ganze Zeit wellenförmig die atmosphärischen hohen Töne generiert.
Jetzt, da alle drei zu hören sind, darf die jeweilige Intensität auch mal steigen, also das Schlagzeug den freien Jazz mehr ausleben oder die Soundscapes anschwellen, und alles wieder davongeben, die Ruhe zurückkehren lassen. Und wenn das Duo Yodok schon zu dritt sein kann, dann ist beim Trio Yodok III auch Platz für eine vierte Person: Nach gut drei Fünfteln des Konzertes nutzen die Musizierenden den Auftrittsort und dessen Interieur und fügen die Kirchenorgel dem Sound hinzu. Erst so zögerlich und zaghaft, wie bei allen Instrumenten die Einführung ausfiel, dann legen alle zu, jedes für sich, nacheinander wie miteinander, das Schlagzeug wird mal wuchtig, das Blasinstrument laut und bestimmend, die Orgel deutlich vernehmbar, lediglich die Gitarre verweilt im Hintergrund. Bis sich alle in ein wahres Pandämonium hineinsteigern, und das in einer Kirche. Nur, damit dann alles in eine Art entspannten Sakral-Freejazz übergeht. Und ernsthaft: Kurz vor Ende läuten die Kirchenglocken das nächste, abschließende Pandämonium ein.
Bei Yodok III handelt es sich um die Erweiterung von Yodok um eins. Yodok sind Kristoffer Lo und Tomas Järmyr, ersterer hier mit Tuba und Flugabone, einer Variante der Posaune, beides modifiziert, zweiterer mit dem Schlagzeug. Sobald Gitarrist Dirk Serries hinzutritt, was seit 2012 immer wieder vorkommt, nennen sie sich Yodok III (und sobald der Schlagzeuger den Raum verlässt, heißen sie The Void Of Expansion). Als viertes setzte sich bei diesem Auftritt Petra Bjørkhaug an die Kirchenorgel. Dieser Auftritt nun fand vor zwei Jahren im Rahmen des Olavsfestes in Trondheim im Nidarosdomen statt, einer gigantischen Kathedrale, die sicherlich eine eindrucksvolle Kulisse für dieses eindrucksvolle Konzert bot.