Wurmian – Immemorial Shrine – Pest Records 2025

Von Matthias Bosenick (07.04.2025)

In „Immemorial Shrine“ ist alles drin, was ein gutes, hartes Metal-Album braucht. Also, wortwörtlich alles. Antoine Scholtès aus Clermond-Ferrand, bisher als Inherits The Void und mit Black Metal bekannt, stellt damit sein neues Solo-Projekt Wurmian vor. Ja: Solo-Projekt, der Mann spielt alles allein ein, und gottlob beherrscht er nicht nur alle Instrumente, sondern ringt ihnen auch noch so vielseitige Verwendungszwecke ab. Wurmian nämlich ist eine Melange aus vielen Metal-Arten: melodischen Death hört man heraus, rifflastigen Thrash, synthiegefütterten epischen Metal, wenn man möchte, auch Black und Doom. Eines beherrscht der Mann auf allen sieben Tracks: den Schlag in die Fresse, den man genüsslich einsteckt.

Der kann, der Mann: grooven, was das Zeug hält, Riffs generieren, die Finger flink über die Saiten flitzen lassen, den Nacken zum Bangen bringen, die Seele in epischen, bisweilen gar progressiven Momenten sich entspannt zurücklehnen lassen, das Gehirn mit hakenschlagenden Läufen verknoten, den Hörenden freundlich zu Blastbeats brüllend die Fresse polieren. Gottlob vermeidet Scholtès jede Form von Kitsch, er bleibt ernsthaft, seine schlechte Laune ist glaubwürdig, seine Vielseitigkeit Ausdruck einer Gemütslage, und auch, wenn seine Griffe in die Genreschubladen manche vertraute Szenerie hervorbringen, bisweilen sogar handfeste Melodien, man mag es nicht für möglich halten, bekommt man aufgrund der quirligen Kombination nicht den Eindruck von Stereotypen; selbst das Keyboard kleistert hier nicht wie fehl am Platze. Das Album ist frisch. Und auch seine Stimme passt perfekt, er brüllt in einer Tonlage, die sich in den Sound integriert.

2014 trat Scholtès mit dem One-Off-Projekt Lyrside in Erscheinung, das Wurmian im Grunde bereits ahnungsvoll vorwegnahm. Denn 2020 schwenkte er zum Projekt Inherits The Void über, mit dem er seitdem den Black Metal auslotet, vornehmlich in dessen moderner atmosphärischer Ausprägung. Nun war es wohl Zeit für die alte Leidenschaft, die er mit Wurmian neu auslebt, angelehnt an seine Lieblingsbands aus den Neunzigern, von denen er eine Handvoll als Inspiration für Wurmian nennt, wie Katatonia, Amorphis oder frühe In Flames. Wer sich da besser auskennt, darf nach Parallelen suchen, ansonsten sei der Genuss dieses Kopfdurchbläsers vorbehaltlos empfohlen.

Um welche Sorte Gewürm es sich hier dreht, bleibt indes eher verborgen. Der Übersetzer gibt für Wurmian so etwas wie „würmisch“ heraus, möglich ist indes auch eine Abwandlung des Namens für die Würmkaltzeit, die vor mehreren tausend Jahren die Alpen einfror, und in denen liegt auch Clermond-Ferrand. Die Weltkälte als Basis für „Immemorial Shrine“ klingt also plausibel, Scholtès hält angenehm aggressiv dagegen.