Von Matthias Bosenick (27.12.2024)
Die Gifhorner Wastegate vermengen die alternative Rockmusik neu: Die Kompositionsweise der Achtziger kombiniert mit der Intensität der Neunziger ergibt das, was die vier Musiker auf ihrer selbstbetitelten Debüt-EP servieren. Alles tight bis heavy gespielt, fett produziert und mit zwischen den Schlägen auf die Zwölf mit immer noch genug Zeit, um amtlich herumzugniedeln.
Mit dem Opener „Here To Fail“ erinnern Wastegate direkt an den Alternative Rock der Neunziger, aber irgendwie anders. Die Gesangsmelodien sind ausgefeilter, alles ist dichter am Hörenden gespielt, nicht so weinerlich. Dazu kommen aufmerksamkeitsbindende Effekte, etwa mittendrin einmal das rückwärts gespielte Hi-Hat. Noch mehr Achtziger-Gesangsmelodie bekommt man in „Heartspire“, das zunächst beginnt wie ein Midtempo-Kopfnicker-Altstadtfest-Rocker mit seinen Anzähl-Schlägen, dann aber an Achtziger-Bands wie Men At Work oder Big Country denken lässt, wenn die ihre Gitarren häufiger auf heavy gedreht hätten. Zudem gönnen sich Wastegate hier einmal mehr den Raum zur Spielerei, ein Gniedelsolo ist da immer drin.
In „Outlines“ fliegen einem die Licks erstmal um die Ohren, bis sie im Refrain zu felsenfesten Riffs werden. Das Stück behält das Kopfnicker-Headbanger-Tempo bei. „Devil’s Ocean“ beginnt gleich mal mit einem Solo; was J Mascis kann, geht auch bei anderen, und es bleibt bei dem einen Solo natürlich nicht. In diesem heavy Song erinnert der Gesang mal an den von Shihad und mal – ganz kurz – an den von Mike Patton bei Faith No More, so um 1989.
Die Band fand sich 2021, etablierte sich zunächst als Live-Act, nicht selten auch mit Coversongs, und liefert nun die Debüt-EP nach. Zu Wastegate gehören: Sänger und Gitarrist Bastian Windszus, Gitarrist Daniel Harms, Bassist Martin Schmidt und Schlagzeuger Max Wolpers. Kleines Kuriosum: Bereits 2010 spielte die Band in dieser Besetzung, und zwar spontan beim Geburtstag des Gifhorner Café Flax, zerstob allerdings für die jeweiligen Weiterentwicklungen in Bildung, Beruf, Familie und sonstigen Lebenspunkten und fand gut zehn Jahre später erneut zusammen. Jetzt aber richtig, was diese EP belegt.
Die Gifhorner sind nicht zu verwechseln übrigens mit der Band Wastegate aus Orwell, Ohio: Die brachte bereits 2018 eine „Wastegate EP“ heraus, man soll es nicht glauben. Man sollte sich auch nicht davon beirren lassen, dass auf deren Bandcamp-Profil steht, sie spiele im August 2025 auf dem Ackerfest – das werden die aus Gifhorn sein.