Von Onkel Rosebud
Neulich haben meine Freundin und ich das Abschiedskonzert „The Last Waltz“ von The Band, der Formation mit dem Understatement im Namen, gesehen. Obwohl wir es normalerweise nicht so mit der Mischung aus Folk-Rock, Country, Jazz und Rhythm’n’Blues haben, fanden wir’s recht sehenswert – auch noch 2024. Es fand am 25. November 1976 im „Winterland Ballroom“, einem ursprünglich als Eislaufhalle geplanten Gebäude, in San Francisco statt. 1967 waren sie dort zuerst unter ihrem offiziellen Namen aufgetreten. So schloss sich der Kreis. The Band – das waren Robbie Robertson (Gesang, Gitarre), Rick Danko (Gesang, Bass, Geige), Levon Helm (Gesang, Schlagzeug, Mandoline), Richard Manuel (Gesang, Keyboard, Piano, Perkussion) und Garth Hudson (Orgel, Saxophon). Sie begannen als Begleitcombo für den Sänger Ronnie Hawkins unter dem Namen „The Hawks“. Später gaben sie auch eigene Konzerte. His Bobness entdeckte „The Hawks“ und heuerte sie als Tournee- und Studioband an. Die Zusammenarbeit dauerte über eine Dekade, in der sich die Gruppe schlicht „The Band“ nannte. Zum Zeitpunkt des Auflösens waren die Musiker seit 16 Jahren zusammen und quasi ununterbrochen auf Tour.
Nun ist schon viel geschrieben worden über dieses Konzert, wer da alles mitgespielt hat, und dem damit in Verbindung stehenden Film von Martin Scorsese, dem das irgendwie lächerliche Prädikat „bester Konzertfilm aller Zeiten“ anhängt. Lächerlich deshalb, weil „alle Zeiten“ wortwörtlich alle Zeiten meint und hey, das war erst f*cking 1976. Meine Freundin war da gerade erst geboren, von mir gibt es Fotos mit Zuckertüte. Deshalb beschlossen wir nach der Sichtung zu recherchieren, wie es eigentlich mit den Fünfen weitergegangen ist. Dann wollen wir mal:
Robertson: In den 70ern produzierte er Künstler aus seinem Umfeld und hatte diverse Gastauftritte auf den Alben der Promis, die mit auf „The Last Waltz“ gewirkt haben. Später probierte er sich als Schauspieler („Carny“) an der Seite von Jodie Foster und schrieb Filmmusik für viele Scorsese-Filme, so auch „Killers Of The Flower Moon“ (2023). Der Film ist Robertson gewidmet. Zwischen 1987 und 2019 veröffentlichte er sechs Soloalben mit vielen jeweils in der Zeit der Erscheinung angesagten Showgrößen. Er starb am 9. August 2023 in Los Angeles im Alter von 80 Jahren an Prostatakrebs.
Danko: Sein Versuch einer Solokarriere floppte trotz prominenter Unterstützung. Er war Teil der Reunion von The Band sowie Ringo Starrs erster All-Starr-Band, nahm Demos auf und wirkte auf mehreren Alben anderer Künstler mit. Mit 55 Jahren, am 10. Dezember 1999, besiegte ihn das Heroin in Form von Herzversagen.
Helm wollte mit „The Last Waltz“ nichts zu tun haben und sparte damals nicht mit Kritik in der Öffentlichkeit. Dafür legte er eine beachtliche Solokarriere als Musiker in verschiedenen Formationen (inkl. Wiedervereinigung von The Band ohne Robertson) mit legendären Live-Auftritten, immer mit ihm als Showrunner, hin, die ihm weltweite Anerkennung einbrachte. Auch hatte er so einige Cameos in Filmen mit Kultstatus. Am 19. April 2012 erlag er mit 72 Jahren den Folgen eines langjährigen Kehlkopfkrebses.
Manuel versuchte sich auch zuerst als Schauspieler und wurde später wegen fehlender Begabung nur noch als Statist eingesetzt. Heroin und Alkohol führten dazu, dass es mit seinen eigentlich genialen Songwriterqualitäten bergab ging. 1974 engagierte ihn Bob Dylan noch einmal in seiner Begleitband, aber sonst gelang ihm als Musiker kein Durchbruch mehr. Mit 43 Jahren, nach einem Auftritt mit der reformierten The Band, am 4. März 1986 gegen 3:30 Uhr, erhängte er sich volltrunken im Badezimmer, während seine Freundin im Nachbarzimmer schlummerte. Ich empfehle, das nicht nachzuahmen.
Hudson (*1937) wurde zuerst ein renommierter Session-Musiker und startete 2001 eine Solokarriere, die bis heute andauert.
Und die Moral von der G‘schicht? Gibt keine. Meiner Freundin sagt es: Tanze den letzten Walzer, so lange Du die Schritte, die dafür notwendig sind, noch selbst führen kannst. Mir sagt es, der Song „The Weight“ (aus dem Album „Music From Big Pink“, 1968, Capitol Records), ist ein großartiger Mitsing-Song und textlich gesehen vielleicht das beste Mysterium, welches es je im Rock’n‘Roll zu entschlüsseln gab – im Gegensatz zum Konzertfilm.
Ich habe den Schlüssel noch nicht gefunden, aber vielleicht könnt ihr mir dabei helfen?
Onkel Rosebud
P.S.: Zwei Jahre später wurde das Abschiedskonzert von Martin Scorsese unter dem Titel „The Band“ als Film veröffentlicht. Funfact: Eine Anekdote besagt, dass sich die Erscheinung des Filmes so lange verzögerte, lag unter anderem daran, dass man Neil Young die Kokainreste unter der Nase wegretuschieren musste.