Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Nachbarlärm

Von Onkel Rosebud

Missliebige Geräusche sind sehr häufig ein Grund für Zwist. Das gilt auch für meine Freundin. Unserer innerstädtischen Wohnsituation geschuldet, mussten wir im Haus gegenüber eine zeitlang einen adoleszenten Jungspund ertragen, dem es in der Morgenstunde regelmäßig eine Freude war, bei geöffnetem Fenster sein Lieblingslied abzuspielen. Und zwar mehrfach hintereinander und mit der vollen Ömme, die seine Klangerzeugungskonfiguration hergab. Er machte wohl eine Phase durch, in der weniger adoleszente deutschsprachige Barden, die zu griffigen Gitarrenakkorden gutturale Laute in Reimform abstießen, den Soundtrack seines Frühaufsteher-Lebens begleiteten. Da er den weniger dezenten Versuchen verbaler Kommunikation meiner Freundin, wie „Hier kommt nicht gleich nur Alex“ oder „Du hast mich eben nicht gefragt“ unaufgeschlossen gegenüberstand, musste erst ein klärendes Gespräch mit der Hausverwaltung her, um seine nachbarschaftlich-unfreundliche 6-Uhr-Start-in-den-Tag-Routine zu beenden.

Mir ist auch ein Fall aus dem Freundeskreis bekannt, in dem jemand über das halbstündige Schlagen einer Pendeluhr in der Nachbarwohnung derart außer Fassung geriet, dass er damit vor das Amtsgericht zog, welches entschied, dass man Uhren dulden muss. Gefälligst seine Ruhe haben, galt auch einst für Reinhard Mey. Der Sänger beschwerte sich vor Jahren öffentlich darüber, dass seine Nachbarn auf Sylt andauernd den Rasen mähten und sang: „Irgendein Depp mäht immer irgendwo“. Das ist wohl wahr. Und wahr ist auch, irgendwer hüpft immer irgendwo. Nun ist hopsen per se kein Grund für Gram, aber dennoch kenne ich jemanden, den das irre macht. Bei ihm in der Straße steht ein Trampolin. Man kann es kaum sehen, weil glücklicherweise eine Hecke davorgepflanzt wurde, aber man kann es hören. Die Stahlfedern quietschen und ächzen mit jedem Hüpfer. Und das Ding wird oft behüpft. Kleine Kinder springen darauf und große, die dabei auch gerne mal eine Flasche Bier festhalten. Man muss dazu sagen, dass Trampolinspringen sehr gesund ist. Es trainiert viele Muskelgruppen und es macht glücklich. Es sei denn, man sitzt im Nachbargarten und muss zuhören.

Laute Musik am frühen Morgen, tobende Kinder, ständiges Hundegebell, nachts angebohrte Wandschränke, die eine fühlt sich schon tagsüber durch gelegentliches Klavierspielen belästigt, der andere würde erst durch zwölf Stunden täglich volle Kanne „Semino Rossi“-Beschallung umfassenden Abtretungen zustimmen. Ruhestörung ist Gefühlssache. Lärm belastet, lässt Stress entstehen und macht krank. Das Internet berichtet, dass sich mehr als 60% der Nachbarschaftskonflikte um Lärm drehen. Sicherlich hilft da mit miteinander reden, bevor man vor Gericht zieht.

Meiner Freundin gefällt, wie der Sänger Ozzy Osbourne den Streit mit seinen Nachbarn lösen ließ. Dieser war dem einstigen Miterfinder des Heavy Metal mit dem Abspielen von Euro-Disco-Mucke derart auf die vorgeschädigte Murmel gegangen, dass Ozzys Frau Sharon es bilateral, aber erfolglos mit Verhandlungen versuchte. Nachdem das nicht fruchtete, schmiss Sharon Osbourne schließlich einen Schweinekopf über die Hecke.

Onkel Rosebud