Von Onkel Rosebud
Dachte ich im zarten Alter von 14, als ich den Song „Rockit“ zum ersten Mal hörte. Der mit halber Geschwindigkeit knatternder Maschinengewehr-Disco-Hit ist heute eine Hymne der Breakdancer. Hancock war damals 43 Jahre alt. Und was dazumal revolutionär war und kaum cooler ging, ist heute nicht mehr ganz so überragend, meint meine Freundin. Da helfe auch keine doppelte Geschwindigkeit.
Überragend geblieben ist Herbie Hancock, heute 80 Jahre alt. Er prägt den Jazz seit Jahrzehnten, Berührungsängste mit anderen Genres kennt er nicht: Der Der Klangtüftler und Pianist Herbie Hancock ist eine Legende zu Lebzeiten. Mit Kompositionen wie „Watermelon Man“, „Cantaloupe Island“ und „Maiden Voyage“ hat er Musikgeschichte geschrieben und Legionen von Musikern und Zuhörern inspiriert.
Was heute so bekannt und fast banal klingt, war mit Herbie Hancocks Debutalbum 1962 ein Meilenstein der Musikgeschichte. Der „Watermelon Man“ wurde zum Jazz-Standard, oft kopiert, bis in die Pop-Charts. Der Jam-Session-Dauerbrenner und sein Komponist öffneten dem Genre neue Türen und ein neues Publikum. Jazz war wieder hip und hüftenwackelnd.
Kein Jahr später kam Herbie Hancock dank seines grandiosen Klavierhandwerks und der kompositorischen Reife und Raffinesse seines Debüts in die Band von Miles Davis. Und so hat Herbie Hancock in seiner nun über 60jährigen Musikgeschichte immer wieder aktuelle musikalische Strömungen aufgenommen und weiterentwickelt.
Der Pianist wurde zum Keyboarder und technologischen Revolutionär – immer dran an den jüngsten Entwicklungen, neuesten Instrumenten und Geräten. Studiert hatte der junge Mann aus Chicago nämlich noch vor der Musikkomposition auch Elektrotechnik. Er blieb aber nie ein blinder Fortschrittsgläubiger, sondern ein intellektuell Hinterfragender mit dem Credo: „Nicht die Technologie führt uns in die Zukunft, sondern die Weisheit.“
„Future Shock“ hieß das Album, mit dem Herbie Hancock 1983 die Musikwelt positiv schockierte. Mit einem ganz neuen Elektro-Sound, gespeist vom Geist von Elektronikern wie Kraftwerk und den daraus entstandenen neuen Genres wie House und HipHop. Gleiche Handschrift, anderes Papier. Da ist auch „Rockit“ drauf.
Das heißt für Herbie Hancock auch: Immer wieder junge Leute zu fördern, mit seinem Herbie Hancock Institute of Jazz oder hier und da als Gastprofessor. Und immer wieder mit jungen Jazzern zusammen zu spielen. Viele berufen sich in ihrer Entwicklung auf ihn als Vorbild. Neue Stars wie Robert Glasper und Kendrick Lamar, Flying Lotus und Saxophonist Kamasi Washington.
Musikalische Duelle mit seinen jüngeren Mitspielern liefert sich Herbie Hancock auch heute noch gerne auf der Bühne. Im „Imagine“-Projekt versammelte Herbie Hancock vor 10 Jahren viele Stars aus Pop- und Weltmusik. Kurz zuvor auch für ein ebenso gefeiertes Joni Mitchell Tribute. Seitdem wartet die Welt mal wieder auf ein echtes Jazz-Album des Meisters. Liefern muss er nicht mehr nach unzählbaren Alben, zwölf Grammys und Erfolgen auch als Filmkomponist. Pläne soll er jedenfalls noch jede Menge haben, der ewige Erneuerer.
Onkel Rosebud