Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne: Dōmo arigatō, Entschuldigung, Mr. Roboto!

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin kann nicht genug von einem Song bekommen, in dessen Refrain eine KI „Danke“ auf Japanisch sagt. Bin ich Schallplattenunterhalter auf einer Tanzveranstaltung und sie will ihre eh schon tolle Partyzeit verdoppeln, dann schnippt sie mir von der Platte zu und buchstabiert flüsternd: Ich bin Kilroy. Da ich so ziemlich alles für sie machen würde, lege ich dann das eingängige Stück „Mr. Roboto“ auf. Und wundere mich immer, ob sie verstanden hat, worum es in der Hitsingle der Formation Styx (Platz 3 der Billboard-Charts 1983, damals musste man dafür über eine Millionen Singles verkaufen) geht.

Ich möchte etwas weiter ausholen, um dieses Missverständnis zu erklären: Die Sprache ist in jedem Land mehr als nur ein Verständigungsmittel. Sie zeigt auch immer, wie ein Volk „tickt“. Vor allem die kleinen und oft verwendeten Wörter geben einen tiefen Einblick in die Denkweise und die Kultur. In Japan sind dies zum Beispiel die Wörter „Sumimasen“ und „Arigato“. Ihre Bedeutung und Verwendung sind vielfältig, und damit sehr interessant, sich über diese Kolumne hinaus damit zu beschäftigen. In jedem Fall bedeuten beide, „etwas zu Ende bringen“. Und genau das hat „Mr. Roboto“ nicht.

Selbst Jahrzehnte später ergibt der wahnsinnige, verwirrende, einfach so unausweichliche, urkomisch einprägsame Song keinen Sinn – trotz knackigem Synthesizer und jedermenge B-Movie-Handlung um eine Figur namens Robert Orin Charles Kilroy (alias und abgekürzt ROCK). Als Styx damals mit dem Album ganz kurz tourten, zeigten sie ein ziemlich langweiliges Vorspannvideo, das die Geschichte von ROCK schilderte, der von einer Anti-Rock’n’Roll-Gruppe namens Majority for Musical Morality und ihrem Gründer Dr. Everett Righteous inhaftiert wurde. Kilroy entkommt, indem er einen Roboter-Gefängniswärter überwältigt und sich in dessen Metallhülle davonschleicht. Das Video hat auf ytb über 30 Millionen Aufrufe. Dennis DeYoung (*1947), der Sänger und Tastenficker von Styx aus Chicago, hat mit „Mr. Roboto“ einen Adult-Oriented-Rock-Ohrwurm (AORO) erschaffen, der einfach Käse ist. Aber Käse schmeckt so verdammt gut…

Apropos AORO und sogenannte „Power-Balladen“. Eigentlich bin ich froh, dass meine Freundin nur von dem einen Song nicht genug bekommen kann, weil Fingerschnipp für so Combos (und Songs) wie Whitesnake („Is This Love“), Boston („More Than A Feeling“), Heart („Alone“), REO Speedwagon („Keep On Loving You“), Survivor („Burning Heart“), Toto („I Won’t Hold You Back“), Bryan Adams („Heaven“), Bon Jovi („Bed Of Roses“) oder Foreigner („I Want To Know What Love Is“) definieren die Grenze von dem, was ich für sie im Stande bin, zu tun.

Anyway, nicht ohne Grund kommt jedes gute Metal-Album mit mindestens einer Single daher, die softere, zartere, nahezu poppig balladeske Töne anschlägt. Deshalb rufe ich hiermit alle Lesefröschlein und meine beiden KrautNick-Schreibenden auf, die stärksten Metal-Balladen zu benennen und einen Warum-Lobgesang darauf anzustimmen.

Onkel Rosebud Was Here

Vorum von Guido Dörheide:
Ich schmeiße mal meinen Ring für „We’ll Burn The Sky“ von den Scorpions in den Hut: Eigentlich hatte ich mit dieser Band nichts am selbigen, dann stieß ich im Internet auf einen Beitrag „Die 10 schönsten Metal-Balladen“ oder sowas, hörte diesen Song und seitdem mag ich die Scorpions. Guilty Pleasure, Baby! Mir geht Meine seine Stimme hier nicht auf die Nerven, das lässige Schenker-Gebratze nach dem ersten leisen Part, sehr schön verfeinert von Roths Leadgitarre, fand ich gleich klasse, und vor allem daran, wie der kleine Klaus im lauteren Part beim Singen teilweise geradezu rotzig röhrt, kann ich mich kaum satthören. Und hält sich Uli Jon Roth auch anfangs noch ziemlich zurück, haut er im letzten Part die Soli raus, als gäbe es kein Morgen, derweil Rudi weiter bratzt. Und der Text (geschrieben von Roths damalliger Freundin Monika Dannemann als Reqiuem für ihren Ex Jimi Hendrix) ist für Scorpions-Verhältnisse sehr hochwertig und beim Aussprechen der Wörter macht Meine wenig falsch. Ich empfehle die Version von den großartigen Tokyo Tapes, mit derselben Besetzung (Schenker Meine Roth Bucholz und Herman ‚The German‘ Rarebell, die wahrscheinlich zweitbeste Scorpions-Besetzung aller Zeiten) wie auf „Taken By Force“ (1977), von der der Song stammt.

Votum von Matthias Bosenick:
Meine erste Wahl wäre „Windowpane“ von Opeth, vom Album „Damnation“, dem Schwester-Album zu „Deliverance“ – erstmals rein ruhig und ohne Growls und trotzdem völlig geil, während sie parallel aus allen Rohren feuerten. Das letzte Aufbäumen vor dem bekömmlichen Progmetal, aber das wusste man damals ja noch nicht.