Was meine Freundin gerne hört – die Musikkolumne (DDR-Spezial): „Winter, Winter, warm anziehn; wann gibt es Grog mit Clysantin…

Von Onkel Rosebud

… Winter, Winter, tralala, ist nicht für die Liebe da“. Aus dem Song „Winterhit“ (1989) von der Spaß-Pop Band aus Potsdam. Und damit willkommen zu vierzehn Kolumnen-Folgen zur Aufarbeitung der musikalischen DDR-Vergangenheit meiner Freundin. Sie summt den Refrain dieses Smashers nämlich immer noch gern, wenn die Jahreszeit es hergibt und der erste Schnee gefallen ist. Dass er von einer Combo namens „Schabulke-Projekt“ ist, hat sie längst verdrängt.

„Schabulke“, der Name klingt wie Michalke und verweist scheinbar auf eine im Berlin-Brandenburger Raum häufig anzutreffende slawische Herkunft, entstammt aber einem Kunstwort, das aus „Schabernack“ und „Ulk“ gebildet wurde. Soweit schon mal dazu, wie sich der Humor in der DDR generiert hat. Aber, „Schabulke-Projekt“ war vor der Wende eine Gruppe, die mit ihren Texten eine humorvolle und zugleich hintergründige Subversion des realsozialistischen Alltags betrieb.

Im kollektiven Bewußtsein jedes ehemaligen DDR-Bürgers und so auch meiner Freundin sind auch noch andere lustige Schlager zwischen Nonsens und Satire. Die Berliner Schmunzelrocker Possenspiel zum Beispiel beschreiben im Song „Sommer Sonne Sonnenbrand“ den klassischen Ostseeurlaub des DDR-Bürgers. Und die sind dafür leider verantwortlich, dass jeder, wirklich jeder männliche Ossi, der gefragt wird, einen Reim auf die Zeile „Mädchen spielen Volleyball“ zu machen, antworten wird: „pralle Bälle überall“. Die anderen Hits dieser grobmotorischen Humoristen heißen übrigens „Wir ham die Stones kaputtgespielt“, „Auf dem Korridor (der Künstleragentur)“ und „Wer wirft so spät nach Mitternacht noch Käse in den Fahrstuhlschacht“. Da war beim Songwriting vermutlich viel Alkohol, dem Kleb- und Treibstoff, der die DDR nicht nur künstlerisch zusammenhielt, im (Possen)Spiel. Apropos, für die ultimative Verherrlichung dieser Droge in Liedformat ist Mike Schafmeier aus Cottbus verantwortlich. Der Vollbart-Schlagzeuger und Gründungsmitglied der Familie Silly schuf mit „Der letzte Kunde“ nicht nur den Grund, warum er später aus der Band flog, sondern auch die Hymne aller an Leberzirrhose Verstorbenen.

Gekalauert in Liedform wurde in der DDR natürlich auch in Mundart, um das Wort „Dialekt“ zu vermeiden. Bevorzugt von überschäumend lustigen, langhaarigen Bartgesichtern, die eine Gitarre als Klampfe bezeichneten. Ich bin sehr froh, dass meine Freundin sich nicht mehr an Bernd „Dewét“ Bornschein erinnern kann, der sich zusammen mit der Horst-Krüger-Band zum „Rock’n’Roll King aus dem Thüringer Wald“ stilisierte. Besagter Bernd setzte dann mit der Hymne an das größte Volksfest Thüringens, den „Zwiebelmarkt in Weimar“, noch einen drauf und zwangsläufig vergriff er sich mit dem „Bratwurstlied“ am Naturdarm, der um diesen Landstrich gewickelt ist. Und klar, Jürgen Hart hat mit „Sing mei Sachse sing“ auch dafür gesorgt, dass die Sachsen nach der Wende die Ostfriesen abgelöst haben.

Zu den lustigen Liedern aus dem Land, was es nicht mehr gibt, und das meine Freundin neulich erst wieder gepfiffen hat, gehört Frank Schöbels „Komm‘ wir malen eine Sonne“. Ich vermute ja, das liegt am Kinderchor. Der macht gute Laune – zumindestens bei Müttern.

Stimmung, gute Laune mit musikalischer Umrahmung gab es reichlich in der DDR. Dafür steht „Ein Kessel Buntes“. Darüber in der nächsten Folge.

Als Männlein steht im Walde,

Onkel Rosebud