Vidna Obmana – Twilight Of Perception Redux: Volume Two 1995-2002 – Zoharum Records 2025

Von Matthias Bosenick (12.06.2025)

Als Vidna Obmana – oder hier: vidnaObmana – geht Dirk Serries andere Wege als auf seinen aktuellen Solo-Alben: Diesen Ambient generiert der Antwerpener nämlich nicht allein mit der Gitarre, sondern allein mit einer Vielzahl anderer Instrumente, zudem lässt er es zu, seine himmlischen Soundscapes auch mal von leichten Rhythmen zu begleiten. Dieser zweite Teil der „Twilight Of Perception Redux“-Reihe weicht vom ersten dadurch ab, dass drei Viertel der 16 auf drei CDs verteilten Tracks bisher unveröffentlicht waren; beim ersten fiel die Quote weit geringer aus. Die Entstehungszeit zwischen 1995 und 2002 ist dabei beinahe unerheblich: Legt man die Alben auf, taucht man ganz im Hier und Jetzt in der Musik ab.

Diese Sorte Ambient kommt zwar wie gewohnt ohne konkrete oder gar wiederholte Melodien aus, aber definitiv nicht ohne Harmonien, die Serries hier mit unterschiedlichen Mitteln erzeugt, die man wiederum beim besten Willen nicht ermitteln kann, weil er sie alle verfremdet. Aufgelistet sind in der Info: diverse Fujara genannte slowakische Hirtenflöten, Obertonflöten, Percussion, programmierte Rhythmen, ein Instrument namens Dreampipe, seine Stimme sowie recycelte und abstrahierte Mutationen. So vage wie diese Liste hält sich auch die Musik. Der Opener mit dem programmatischen Titel „The Returning Voyage“ etwa klingt nach Neoklassik, also Streichern, und die kommen hier gar nicht zum Einsatz. Hier erklingt zudem auch gleich eine Art Schlagzeug, dezent nur.

Obschon diese Sammlung in der Mitte der Neunziger erst einsetzt, erinnert „Urban Dislocation (Alt. Version)“ an zweiter Stelle mit seinen noisigen Drumsounds an die Ursprünge von Vidna Obmana. Jene Sounds begleiten zudem beklemmende Harmonien, die einiges Unwohlsein auslösen; diese spannende Sorte Musik ist auf dieser Sammlung damit abgehakt, der Rest gestaltet sich wieder entspannender. „Somersaults“ etwa ist eine fernöstliche Atemtherapie, die zunächst mit dezidiert angeschlagenen Glöckchen hypnotisiert. Ein nervöses Rascheln liegt über den wunderschönen Soundscapes von „Subliminal Storm“, und wunderschöne Soundscapes bilden auf dieser Sammlung den Großteil der Musik. „Recoils In Anger I & II“ weicht davon ab, es klingt elektronisch, nach Synthieeffekten, indes kein Bisschen nach Ärger. Das Rascheln kehrt nach der Hälfte von „Shaking The Surreal“ zurück, dafür beginnt es ungewöhnlich, nämlich mit Tribal Drums und sogar Stimme. „Towards The Haze (Siren V)“ bietet gefühlt nach Stunden ebenfalls dezente Drums, die im Verlauf leicht an den Motor-Rhythmus von „Stripped“ von Depeche Mode erinnern, inmitten dieses vertonten überirdischen Lichts.

Ebenfalls etwas aus den milden Sounds heraus ragt „The Embrace In Motion“ mit Klapper-Percussion, „The Ceremonial Storm“ hingegen ist genau das, mit Regenmacher und schamanischen Sounds. In „The Surreal Expansion I, II, III“ regnet es mittendrin, während die Musik wie Wellen schwappt; das überlange Stück endet cineastisch-überirdisch. „Path Of Distortion/The Primary Seeker“ beginnt stressiger, als es der Rest des Albums ist, mit einem modulierten rhythmisch variierten Sound zu den Soundscapes. Die zweite Hälfte wiederum bietet Sounds und Harmonien wie aus einem Horror-Score. Der Titel des letzten Stückes, „Blur“, passt zunächst, aber spooky Klopfgeräusche unterbrechen die diffusen Sounds bald.

Serries rief Vidna Obmana – auf Serbisch, відна обмана, eine offensichtliche oder optische Täuschung – vor 40 Jahren mit dem eher im Noise zu verortenden Album „The Ultimate Sign Of Burning Death“ ins Leben, veränderte die Ausrichtung bald ins Sphärische und ließ es kaum 20 Jahre später zugunsten anderer Projekte ruhen, vornehmlich Fear Falls Burning. Gegenwärtig müht sich Serries darum, die unzählbaren Aufnahmen wieder zugänglich zu machen, daher rührt auch der Anlass für diese Compilation, die sich überdies löblicherweise bei Material aus Serries‘ Schublade bedient und die die alte „Twilight Of Perception“-Reihe fortsetzt, die sich seinerzeit bereits auf Unveröffentlichtes fixierte.