Umbersun – Endless Winter Nights – Pest Records 2024

Von Matthias Bosenick (27.08.2024)

Zuerst denkt man: Kitsch. Doomige Riffs und synthetischer orchestraler Bombast. Sobald aber das Growlen einsetzt und sich in die Stimmung einfügt, lässt man sich auch mitten im Sommer auf die „Endless Winter Nights“ ein. Im Verlauf wird das Debüt-Album des rumänischen Quintetts Umbersun noch waverockig, bekommt einige Gimmicks und entwickelt eine merkwürdig anheimelnde Stimmung aus Depression und Gemütlichkeit. Eine schöne Einstimmung auf die zunehmende Dunkelheit.

Der explizite und starke Einsatz von Synthies und Keyboards befremdet zunächst, der mag nicht so recht in diese Art von Goth-Doom-Metal passen, den die Band ansonsten mit Bass und Schlagzeug sowie satten zwei Gitarren generiert. Die Taktzahl ist gefühlt im einstelligen Bereich, etwas Type O Negative meint man immer wieder mal herauszuhören, die Riffs und die Drums sind fett, der Gesang, obschon gegrowlt und seltener auch gekeift, erweckt in Kombination mit der Musik den zutreffenden Eindruck von Melodien und wirkt eher wie die Stimme eines gutmütigen Drachen als wie von etwas Bösem. Wenn im dritten Song „Awake (The Past We Bury)“ und im Rauswerfer „To Dust (Into The Earth)“ plötzlich mit Andrada Hofmeister (Symphress, Maesün) eine klare Stimme hinzukommt, geschieht dies nicht nach Art von Symphonic Metal, in die Falle tappen Umbersun nicht.

Mitten in der Mitte des Albums, im vierten Song „Denied“, zieht die Band kurzzeitig und einmalig das Tempo an und der Sound rückt nahe an den Black Metal, dann wird auch das Keifen feindselig. Aber der Moment vergeht schnell wieder, die Synthies verklingen und das Tempo kehrt zurück ins Nichts. Ja, diese Synthies: Umbersun nutzen sie mal wie Orchester, entlocken ihnen Chorstimmen, lassen Glocken und eine Art Tubular Bells erklingen, umpuscheln den Doom Metal mit Plüsch oder lassen das Keyboard eiskalt die warme Musik begleiten. Und nicht immer, wenn der Synthie da ist, ist er dominant, aber er ist auch nicht selten einfach weg, dann atmet die Band den Geist der reinen Lehre – möchte man meinen, ist aber auch nicht so: Dafür integriert die Band zu häufig fremde Elemente, etwa die Gitarrenarbeit des Goth Rock oder das Harmonische des Pop. Kleiner Fun Fact am Rande: Die Songlängen steigern sich vom ersten bis zum letzten Song, von fünfeinhalb auf über elf Minuten. Das hat den Effekt, dass man schon nach dem fünften Stück glaubt, das Album sei zu Ende, und doch noch zweimal angenehm und langanhaltend überrascht wird.

Umbersun bestehen aus Sänger und Bassist István Vlădăreanu (Illusion Of Control), Schlagzeuger Sergiu Petrică, Keyboarder Flaviu Roșca (einst bei Descent Into Despair) sowie den beiden Gitarristen Mihai A. Martin und Doru Căilean. Letzterer und der Bandkopf kennen sich bereits von der siebenköpfigen Band Whispering Woods; sie gründeten Umbersun 2018 quasi im Anschluss an deren Auflösung. Die Musik passt überdies wie die Faust aufs Butterbrot zum Standort der Band: Cluj-Napoca („Klausenburg“) gilt als die inoffizielle die Hauptstadt der Region Transsilvanien in Siebenbürgen. „Endless Winter Nights“ fordert Puristen mit seinen Synthies einiges an Zuwendung ab, aber diese Zuwendung lohnt sich, das Album gewinnt vom ersten Eindruck an und von Mal zu Mal mehr.