Turtle Skull – Being Here – Art As Catharsis/Copper Feast Records 2025

Von Matthias Bosenick (04.06.2025)

„Being Here“ ist im Falle des so betitelten zweiten Albums der australischen Band Turtle Skull weder räumlich noch zeitlich zu verstehen: Die Mucke ist komplett retro und bedient sich bei Psychedelic, Stoner und Harmonie-Pop aus San Francisco, der kalifornischen Wüste und dem England der Sechziger bis Neunziger. Aus diesen Ingredienzien zaubert das Quartett mit Fuzz, Wahwah und Harmoniegesang ein fettes Brett, das es zusehends zugunsten des umnebelten Eskapismus‘ ausdünnt – und die Hörerschaft trotzdem in den dichtestmöglichen Nebel entlässt. Ein Trip!

Zunächst türmen die vier Musiker hier eine fette Wand auf, überreizen die Verzerrer, treten Fuzzpedale und Wahwah bis über den Anschlag hinaus durch und generieren mit Loops und Wiederholung sich einprägende, hypnotisierende Sequenzen, über die ein bei den Beatles und den Beach Boys abgehorchter entrückter Harmoniegesang liegt, zumeist mehrstimmig. Das Schlagzeug ist fett, die Gitarren und der Bass nicht minder, das hier ist schon reichlich Heavy Psych, dicker Stoner und gar nicht so wenig Britpop, aber der von The Stone Roses oder Kula Shaker. Interessant ist die Anordnung der acht Songs in 45 Minuten, denn Turtle Skull legen schwergewichtig los, ziehen zwischendurch das Tempo an und steigen nach der Hälfte auf die Bremse, bei beibehaltener Intensität, die sie in der Folge ebenfalls zugunsten von Durchlässigkeit und Lässigkeit reduzieren. Das hat eine nachvollziehbare Dramaturgie.

Überhaupt tragen die acht Songs unterschiedliche Grundstrukturen, außerdem versetzt mit individuellen Spielereien. Die Drums auf die Eins wie im Modus der Nuller-The-Bands gibt’s in „Into The Sun“ und in „It Starts With Me“, das zudem mit einer einzigartig monotonen Sprechmelodie herausragt. Wiederum abweichenden Gesang, nämlich eingestreute Shouts, finden sich in „Bourgeoisie“. Ab „Heavy As Hell“ wird das Album genau das nicht mehr, obschon jener Song, vorab als Single herausgegeben, als zäher harter Kopfnicker den geilsten fuzzy Bass des Albums präsentiert. In „Modern Mess“ verschwindet der aufgerauhte Teppich, hier gehen die Sonnenblumen auf, der Song zelebriert die Schönheit. Das abschließende fast neunminütige „Moon & Tide“ beginnt als ruhiger Schunkler, fährt zwischenzeitig mal die Systeme wieder hoch, lässt einer Orgel mehr Raum und endet in einem Fuzz-Feedback. Das alles entstand offenbar quasi live miteinander, und dieses famose Zusammenspiel überträgt seine Energie nachvollziehbar auf die Hörerschaft.

Für Turtle Skull ist „Being Here“ das zweite Album. In Erscheinung trat die Band 2018 mit einer selbstbetitelten Single und 2020 mit dem Debütalbum „Monoliths“. Damals zählte das Lineup noch fünf Leute, nach der Coronapause sind vier verblieben inklusive einem Wechsel. Neu ist nämlich Ally Gradon mit Gesang und Synthies, die nun Bassist Julian Frese, Schlagzeuger und Sänger Charlie Gradon sowie Gitarrist und Sänger Dean McLeod begleitet.