Von Matthias Bosenick (01.05.2014)
Wally Pfister: ein Name, wie gemacht für eine Weltkarriere. „Transcendence“: ein Film, wie gemacht für die Goldene Himbeere. In zwei Stunden erzählt der als Regisseur debütierende Kameramann von Christopher Nolan, wie ein ins Internet eingespeister verstorbener Nerd die Weltherrschaft an sich reißt, um eigentlich doch nur Gutes zu tun, dabei verkannt wird und sich auch noch in den Absichten seiner Witwe irrt, für die er das alles tut. Ohne große Momente plätschert der Film so vor sich hin, Vorteil: Er stört nicht beim Chillen.
Immerhin, bis Will Caster (Johnny Depp) endlich online ist, beschert Pfister dem Betrachter einige optisch ansprechende Momente, darunter Makros von Kabelsträngen, Totale von Basketballkörben, spannende Tiefenschärfe bei schräg gefilmten Whiteboards. Doch scheitert Pfister wie viele seiner Vorgänger daran, die Virtualität zu visualisieren. Von einem statischen HAL9000 ging eine weit größere Bedrohung aus als vom omnipotenten reinkarnierten Will Caster.
À propos HAL: Im Grunde ist „Transcendence“ zusammengeklaut bei unzähligen anderen Filmen. Effekte wie bei „Terminator 2“, Optik wie bei „Gattaca“, eine Story wie in einer verlängerten „Akte X“-Folge. Das wäre ja bei einem runden Ergebnis nicht schlimm, aber die Charaktere lassen den Betrachter dummerweise kalt, sowohl Caster selbst als auch seine gutaussehende Witwe Evelyn, ihr Ziehvater Joe (Morgan Freeman) sowie die Rebellengruppe um ihren Ex-Kollegen Max. Spannung kommt auch nicht auf, und das ist vielleicht die größte Leistung: von Anfang an nicht. Deshalb plätschert der Film eben auch nur so herum.
Man guckt nun also Virtu-Will dabei zu, wie er in einem unterirdischen Labor, und das auch noch vollkommen unbeobachtet vom Rest der Welt, Nanotechnologie entwickelt und in die Körper dumpfer Wüstenbewohner implantiert, vordergründig, um sie zu heilen, aber auch, um sich mit ihnen zu vernetzen. Aus dem Silikat der Wüste schafft er „Transformers“-mäßig alle möglichen Dinge. Er ist nicht nur im WWW, sondern eben auch in Menschen gottgleich bewusst und steuernd, und schleust seine Nanos sogar in den Regen ein: Fährt ein Lastwagen durch eine verseuchte Pfütze, reagieren seine woanders agierenden „Robocops“ darauf. Allmacht galore also, und doch – das sei hier gespoilt und je nach eigenem Entspannungsgrad vom vielleicht aufmerksameren Sitznachbarn erklärt – merkt er nicht alles und beugt sich zuletzt Evelyns Votum, er hätte einer ihrer früheren Aussagen missverstanden; so, wie er es umsetzt, habe sie es doch nicht gemeint. Tja, und daher schaltet er sich eben global ab. Huh?
Und die Moral von der Geschicht‘? Ja, die wäre wirklich mal interessant. Vielleicht diese: Gebt einem vielversprechenden Kameramann kein Geld? Oder doch etwas mehr, für ein besseres Drehbuch?