Von Matthias Bosenick (17.06.2025)
Seit diversen Jahrzehnten avancierte David Gedge zum Meister der Zweitverwertung, da kann man die Serie an BBC-Mitschnitten für Marc Riley mit den Gardinencovern durchaus hinzuzählen. Deren fünfter Teil mit Aufnahmen von 2019 und 2023 birgt mit zwei Coverversion und diversen roheren Neueinspielungen abseitiger älterer sowie bis dato noch unveröffentlichter Songs der englischen Schrammel-Indierock-Instanz The Wedding Present einigen Kaufanreiz. Aber Vorsicht: Bei der CD handelt es sich lediglich um eine CDr!
„Don’t Give Up Without A Fight“ ist der programmatische Opener dieser acht Songs aus zwei Sessions – bilden die Aufnahmen doch eine Art Klammer um die Corona-Pandemie, mitgeschnitten nämlich 2019 und 2023 und, wie es sich bei The Wedding Present gehört, in abermals gewechselter Besetzung, also auch diverser muskalischer Grundausrichtung. Gleich der genannte Opener blickt weit in die Zukunft, denn dieser Song wird erst 2022 im Rahmen der „24 Songs“-Reihe erscheinen.
Das erste Song-Quartett nun trägt die Düsternis und das Schrammeln der Endachtziger-Zeit von The Wedding Present, das tut recht gut, das wiederzuhören. Entsprechend wild und ungestüm wie damals performen sie „Crushed“ vom 1989er „Bizarro“, wenngleich mit etwas weniger Schrammel, als Peter Solowka es seinerzeit etablierte, aber was Wunder, man wird ja nicht jünger, dafür begleiten Dresch-Drums und weibliche Hintergrundgesänge diesen geilen Song. Mit „A Song From The Floorboards“ spielen sie anschließend a song from Magazine, der jetzt so klingt, als sei er ein eigener, wie es bei The Wedding Present seit jeher üblich ist. Das Solowka-Schrammeln ist hier gegen Ende angenehm nachempfunden, bis dahin ist es ein nett nachgespielter, unaufgeregter Song. Dafür geht’s mit „Telemark“, dem nächsten Ausblick auf „24 Songs“, plötzlich in Richtung Doom-Indierock, stimmlich textlos begleitet von Gitarristin Danielle Wadey und Bassistin Melanie Howard.
Mit einem knarzigen Fuzz-Bass eröffnen The Wedding Present die zweite Session aus dem Jahr 2023: „Canada“ stammt im Original von Low und erklingt hier beinahe heavy. Ja, da hatte man so einiges zu bewältigen, als man endlich wieder loslegen durfte, man hört’s. Umso gegensätzlicher ist der dritte „24 Songs“-Song „We All Came From The Sea“, bei dem es sich um einen shaky Groover mit Platz für eigene Cowbells handelt. „Sports Car“ singt hier, anders als im Mittneunziger-Original, Melanie Howard statt David Gedge und macht den Song zu einem Northern-Soul-Stück. Zuletzt gibt’s mit „Science Fiction“ einen chilligen Indiepop-Tearjerker mit zunächst klarer Gitarre ohne Schrammeln, die sich indes zum Ende hin steigert und immer geiler wird. Auch dieses Stück stammt aus den „24 Songs“.
Nur zwei personelle Konstanten gibt es auf beiden Sessions: David Gedge an Gitarre und Mikrofon, überdies das einzige verbliebene Gründungsmitglied der seit 1985 mit einer Unterbrechung existierenden Band, sowie Melanie Howard am Bass und als zweite Stimme. 2019 war Danielle Wadey noch Gitarristin und Sängerin, 2023 nahm David Coyle zumindest den Platz am Saiteninstrument ein. Das Schlagzeug spielte vor Corona Charles Layton, danach Nicholas Wellauer. Natürlich sind diese Sessions – die erste erschien 2016 – eher etwas für Komplettisten, obschon mindestens die beiden Coversongs einen Kaufanreiz bieten. Schön ist grundsätzlich, dass es The Wedding Present immer noch gibt und dass sie nicht aufhören, geil zu sein.
01 Don’t Give Up Without A Fight (B-Seite von „We Should Be Together“-7“ sowie vom Album „24 Songs“, 2022)
02 Crushed (von „Bizarro“, 1989)
03 A Song From Under The Floorboards (von Magazine, „Play“, 1980)
04 Telemark (B-Seite von „We Interrupt Our Programme“-7“ und „24 Songs“ 2022)
05 Canada (von Low, „Trust“, 2002)
06 We All Came From The Sea (von der 7“ und „24 Songs“, 2022)
07 Sports Car (Alternative Vocal Version) (von „Mini“, 1996)
08 Science Fiction (von der 7“ und „24 Songs“, 2022)