Von Matthias Bosenick (08.03.2015)
„The Team“ ist als TV-Serie in so ziemlich allen Punkten bemerkenswert, und wo nicht großartig, da zumindest gut. Da hat jemand in Sachen Globalisierung und EU endlich mal die Chancen und Vorzüge davon genutzt. Die Serie zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den beteiligten Ländern (das sind Dänemark, Belgien, Deutschland, Österreich und die Schweiz), allem voran die Unterschiede in den Sprachen. Das allerdings nur in der ZDF-Mediathek-Variante, nicht in der Ausstrahlung – und damit geht einer der attraktivsten Faktoren dieser Serie verloren. Man sollte die achtstündige Serie also unbedingt im Internet gucken oder zumindest darauf hoffen, dass die DVD (ab Ende März im Handel) die Originalspur untertitelt.
Sie klingen so schön, die Sprachen Europas. Die drei Hauptpersonen sprechen Dänisch, Deutsch und Flämisch; sie sind Ermittler in einem Mordfall, der in Dänemark, Deutschland und Belgien Opfer nach gleichem Tötungsmuster vorhält. In Kopenhagen arbeiten Schweden mit, in Belgien sprechen einige Beteiligte auch Französisch, der von Deutschland aus agierende Verbrecher stammt aus Litauen. Alle miteinander sprechen Englisch. Wie schön es ist, das dänische Nuscheln, das fast wie ein D klingende flämische R, das hochnäsige Österreichisch. Nur um Original begreift man, wer sich gerade was in seiner Muttersprache zuraunt, was dann die anderen nicht verstehen. Man hört die unterschiedlich stark ausgeprägten Akzente, wenn die Leute Englisch sprechen (Lars Mikkelsen fast ohne, Jasmin Gerat eher wie eine Sechstklässlerin), oder dass einige (Veerle Baetens) ohne Schwierigkeiten zwischen zwei, drei Sprachen umschalten können. Komplett synchronisiert geht einiges an Tiefe verloren.
So war es auch beim bislang schlimmsten und ignorantesten Fall von Seriensynchronisation: „Die Brücke“. Diese Serie spielt in Kopenhagen und Malmö, die Ermittler sprechen entsprechend Dänisch und Schwedisch. Auf Deutsch kann man natürlich den Dialogen besser folgen, aber der Handlung nicht unbedingt leichter: Hört man die Originalsprache, weiß man sofort, in welchem Land die Szene gerade spielt. Auf Deutsch kommt man schnell durcheinander, das ist verwirrend. Die Ressentiments zwischen Schweden und Dänen gehen darüber hinaus verloren, besonders im Sprachlichen. Und wie soll man plausibel machen, dass der eine den Namen des anderen falsch ausspricht, wenn die Aussprache auf Deutsch schlichtweg keine Alternativen zulässt? Zur Krönung des Ganzen gab es die erste Staffel auf DVD zwar mit Originalton, aber ohne Untertitel. Das verbesserte man bei Staffel zwei, aber mit Untertiteln für Gehörlose, so dass man schon vorher las, wann die dramatische Musik leiser wurde.
Mit „The Team“ setzt Dänemark als Land für anspruchsvolle Krimiserien diese Serie fort. Anders als bei „Kommissarin Lund (Forbrydelsen)“ oder „Die Brücke (Broen/Bron)“ bleiben am Ende weniger lose Fäden unverknüpft übrig, die man deshalb im Laufe der Ermittlungen liegen ließ, damit das Ende irgendwie zum spektakulär rätselhaften Anfang passt (übrigens seit langer Zeit leider eine gängige Methode bei Drehbuchschreibern weltweit). Ähnlich wie bei den beiden Serien hat man es indes mit haufenweise Seitenhandlungen zu tun, die alle auch noch irgendeinen Einfluss auf den Fortgang haben, und sei es nur, indem sie die Ermittlungen verzögern. Manchmal ist es auch etwas zu künstlich dramatisch; der Däne und die Deutsche haben ein Kind miteinander, obwohl beide nach der Affäre eigene Familien gründeten, und der neue Mann der Deutschen findet das erst heraus und dann scheiße und macht Sachen. Das hat mit dem Hauptfall nichts zu tun, soll aber zusätzliche Spannung bringen; ja, tut es, aber es ist bisweilen hart an der Grenze zum Nervenden. Nichts desto trotz: Mit dem Drehbuch empfehlen die Autoren Mai Brøstrom und Peter Thorsboe jedenfalls auch ihre älteren Serien „Der Adler (Ørnen)“ und „The Protectors“ einer genaueren Betrachtung.
Die Serie beginnt als Whodunnit, dreht sich dann aber zum Howdidhe, zum Howtocatchhim und zum Werstecktdaeigentlichnochallesmitdrin. Vom Prostituiertenmord schwenkt der Ermittlungsfall zu Geldwäsche, Erpressung, Zwangsarbeit, Menschenhandel sowie weiterem Mord und Totschlag. Die Spuren führen zwischen den drei Städten herum und in die Alpen. Ermittlung geschieht heutzutage nicht mehr nur kognitiv und deduktiv, sondern oft per Google Maps, Sendemastenortung, Fotoanalyse, Emailtracking. Das ist schlüssig und nicht minder spannend als die altbekannte Spurenlese mit der Lupe. Die ist schließlich auch weiterhin erforderlich.
Lars Mikkelsen brilliert auf gewohnt hohem Niveau in seiner Rolle; er hat zudem eine wundervolle tiefe Stimme (noch ein Argument fürs Original). Eine angenehme Entdeckung ist Veerle Baetens, vielsprachig, vielschichtig, vielseitig. Bei diesen schauspielerischen Qualitäten fiel leider besonders gut auf, wie hölzern Jasmin Gerat und Miriam Steinals deutsche Kommissarinnen dagegen agieren. Sie wirken wie Praktikanten, die man gnädigerweise ans Set gelassen hat. Das ist gottlob der einzige richtige Schwachpunkt der Serie.
Positiv sind die vielen Settings: Man sieht viel Gegend, Stadt, Land. Die Belgierin etwa fährt mit dem Rad durch Antwerpen, man bekommt viel von der schönen Stadt zu sehen. Die Bilder sind ohnehin kunstvoll, die Atmosphäre stimmt, die Farben passen. Es gibt ein hohes Maß an Action und außerdem ein erstaunlich hohes Maß an Sex; der wird ungewöhnlich ofenherzig und alltäglich ins Geschehen eingebaut. So bekommt man nun acht Stunden TV-Vergnügen europäischer Prägung, die die Messlatte für Krimiserien grundsätzlich hoch legen. Von einer zweiten Staffel ist natürlich schon die Rede. Hoffentlich hält das „Das Team“-Team die Qualität.