Tatati Tahiti – Mi-Lom mianoho – Tatati Tahiti 2014

Von Matthias Bosenick (28.07.2014)

Ein irres Zeug! Comlan Edoh veröffentlicht unter seinem Alias Tatati Tahiti ein neues Album und fordert damit jeden westlich (eigentlich: nördlich) orientierten World-Music-Hörer heraus, der auf modernen Afro-Beat steht. Denn was Edoh macht, ist fast nur noch Beat, Melodie kommt fast ausschließlich über die Stimme. Das Album klingt wie ein Fieberwahn und versucht erst gar nicht, europäisches Musikverständnis gewinnbringend zu bedienen. Wer sich darauf einlassen kann, bekommt mindestens gute Laune.

Edoh stammt aus Togo und ist eine feste Größe in Wolfsburg. Bei allen möglichen Veranstaltungen ist er dabei und performt mit seinen Percussioninstrumenten. Gehen die Veranstalter einen Schritt weiter, lassen sie ihn Workshops mit den Festgästen ausrichten. Solche bietet er auch selbst an, im Kulturzentrum Hallenbad, im Bildungszentrum, in der städtischen Musikschule. Er betreibt mit „Trommelparadies“ einen Verein für afrikanische Kultur. Ein Tausendsassa, der europaweit seine Kurse anbietet und bereits vor 19 Jahren sein Debütalbum „Bassadji“ vorlegte. Sein Ziel ist es, die togolesische Musik publik und Nicht-Togolesen mit seiner Vorliebe für die Rhythmen seiner Heimat vertraut zu machen.

Das vorliegende Album ist ein weiterer Baustein in diesem Ansinnen. Afrikanische Rhythmen und Strukturen gelangten schon vor Jahrzehnten in die westlich ausgerichtete Populärmusik. Nicht nur im Jazz und Blues finden sich Spuren davon, später machten auch die Talking Heads den Afrobeat salonfähig, Brian Eno und David Byrne mit „My Life In The Bush Of Ghosts“, Dead Can Dance auf „Spiritchaser“, Paul Simon auf „Graceland“, ein bisschen auch die Golden Palominos. Doch waren die afrikanischen Elemente zumeist an den eigenen Stil angeglichen, die Hörgewohnheiten verquickt. Das funktionierte ausgezeichnet und soll keine Herabwürdigung sein.

Edoh macht dies nicht. Er bettet seine Rhythmen nicht auf Soundteppiche, die die afrikanischen Strukturen verknüpfen und für den europäischen Hörer zugänglicher machen. Seine Lieder bestehen aus Rhythmen. Selbst die gelegentlich eingesetzte Flöte spielt keine Melodien im herkömmlichen Sinne, sondern fabriziert wiederum nur einen Rhythmus. Zunächst fehlt einem dieser vertraute Soundteppich, doch hinterlässt Edohs Musik keine Lücken; er füllt sie mit percussiven Elementen, mit allerlei Schlagwerk, mit einem stoischen Bass und vor allem mit oft vielstimmigem Gesang. Dabei bedient er sich fast durchgehend eines erstaunlichen Effektes: Er begleitet sich selbst in einer gepitchten Version, die fast nach den Schlümpfen klingt. Erstaunlicherweise hat dieser Effekt nichts Albernes, sondern setzt einen charakteristischen Akzent, den man bald sehr gerne hört.

Okay, eines stimmt nicht ganz. Edoh holt den Hörer zum Auftakt mit einem Reggae ab. Darin gniedelt eine Santana-Gitarre und schweben Grasschwaden herum. Bis hin zum gepitchten Husten. Aber ab dem zweiten Track, der fast eine Viertelstunde lang ist, macht Edoh keine Kompromisse mehr. Wer als Musikkonsument kompromissbereit ist, wird mit diesem Album beschenkt. Ein Riesenspaß, unbedingt laut hören!

Mehr Infos und Kontakt auf www.tatati.eu.

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