Von Matthias
Bosenick (28.04.2020)
Dat is en Dampfmaschin! Als
Quasi-Extrakt der Bands Grief Of God und Inner Bleeding tritt das
Wolfsburger Quintett Steamgenerator an, um den klassischen Doom der
Siebziger mit neuem Leben zu füllen. Black Sabbath mit Ozzy Osborne
klingen klar durch die sechs Tracks des Debüts, das sich mit Samples
und atmosphärischen Keyboardeinsätzen dennoch in der Gegenwart zu
verorten weiß und sogar vor einem Kraftwerk-Cover nicht
zurückschreckt. „Black As Coal“ ist ein gelungenes Album, und
nächstes Mal darf’s auch gern eine metalgroße Schippe mehr Dreck
sein.
Das Tempo, so sagt es ein Sample im zweiten Track, habe gefehlt, um
den Song gelingen zu lassen, und wenn dieser denn losgeht, dann
erfüllt er nicht, was man nach dieser Ansage erwartet, sondern das
Gegenteil, nämlich die Anforderungen an den Doom: Er schleppt sich
dahin, anstatt zu beschleunigen. Heißt wohl: Steamgenerator
verlangsamten den Song, um ihn in ihrem Sinne besser funktionieren zu
lassen. Und er funktioniert gut, wie das ganze Album.
In
Sound und Gesang sind Steamgenerator sehr eng an die klassischen
Black Sabbath angelehnt, Cesare Piseddu singt bisweilen gar dem Ozzy
recht ähnlich. Nicht durchgehend: In manchen Passagen wagt die Band
chorartige Gesangsarrangements oder auch am Ende des Titeltracks
einen Chant; diese Sequenzen sind eigen, und das nicht als einzige
auf dem Album. Denn wie Steamgenerator nicht nur die angesprochenen –
übrigens deutschsprachigen, bei englisch verfassten Texten –
Samples, sondern auch das Keyboard einsetzen, bringt eine
individuelle Note in den wohlig verschleppten Doom.
Dabei
ist die Musik glasklar gespielt, die Dunkelheit, die sie vermittelt,
hat einen unerwarteten Glanz; an mancher Stelle mag das sogar stören,
denn eigentlich gehört in diese melancholische Metal-Melange etwas
mehr Dreck. Da darf die Band ruhig den Mut haben, ihre eigenen Stücke
zu besudeln; so klingt die Musik mitunter etwas zahmer, als sie
offenkundig gemeint ist. Was der Qualität der Songs nicht schadet:
Steamgenerator haben das Zeug zum Ohrwurm, trotz der erheblichen
Schwere und heavy Riffs schwingt gute Laune mit, auch lässt sich ein
latenter Hang zur Hymne nicht leugnen. Nicht zuletzt das „Whisky
Ritual“ feiert im Hardrockstil die mitsingbare Freude am „holy
water, holy shit“. So klingt ein Trinklied an einem
Industriestandort.
Auffällig ist natürlich der
Coversong, der in der reinen Download-Variante nicht enthalten ist,
sondern nur auf der CDr im Digipak und im dazugehörigen Stream:
Steamgenerator schicken „Radioaktivität“ von Kraftwerk in ein
Paralleluniversum. Die von den Düsseldorfern 1991 vorgenommene
inhaltliche Richtungsänderung des Stücks bleibt hier außen vor,
Steamgenerator ersetzen sie durch eigenen Samples und orientieren
sich ansonsten am 1975er-Original, inklusive der wunderschönen
Harmonien im Instrumentalteil, nur eben eher im Stile der parallel
aktiven Black Sabbath. Châpeau!
Zwar gibt es
Steamgenerator erst seit drei, vier Jahren, doch sind viele der
Beteiligten seit mehr als 30 Jahren miteinander musikalisch aktiv.
Man kann die Band als Quersumme aus Inner Bleeding und Grief Of God
bezeichnen: Schlagzeuger Christian Steffenhagen spielte bei beiden,
Keyboarder Oliver Korsten, Gitarrist Marcus Milbrandt und Bassist
Tobias Gloge hinterließen jeweils in einer der beiden Bands ihre
Credits, und Sänger Cesare Piseddu ist für sich ein Urgestein in
Wolfsburg. Weitere Stationen waren und sind unter anderem Oomph!,
Despised und Roadkill Revolution für Gloge, Cryptic Voices für
Milbrandt, Transmission Club für Steffenhagen und Milbrandt sowie
Britallion für Piseddu. Und nächstes Mal darf die Dampfmaschine
gern noch mehr Druck ausüben, dann wird aus der Kohle gewiss ein
Diamant.