Von Matthias Bosenick (11.11.2025)
Los geht’s: Was beginnt wie ein klassischer Thrash-Hüpf-NuMetal, mit dem Soulfly 1997 auf den Plan traten, wächst sich umgehend zu etwas Brutalem aus. Gute Laune, Wiedererkennbarkeit, Melodiosität: für solche Banalitäten ist auf dem 13. Album „Chama“ kein Platz, dafür ist die Welt zu scheiße. Aus dem extrem brachialen Metal stechen nur selten abweichende Sounds heraus, dann umso prägnanter; Tribal-Elemente etwa sind wieder vorhanden. Dieser einstige Groove-Thrash-Metal tendiert deutlich mehr in Richtung Death Metal. The party is over.
Gut eine halbe Stunde ist „Chama“ lediglich lang, und es beginnt mit einem nicht enden wollenden Intro, das sich erst allmählich – über den irreführenden NuMetal-Einstieg – zu dem ausrollt, was das Album dann auch ausmacht: brutalster Metal, der sich bei allem bedient, was hart und brachial ist. Was nicht verwundert, wenn man erfährt, worum es auf „Chama“ geht: Zunächst heißt das Wort auf Portugiesisch „Flamme“ und steht für etwas, vor dem man Respekt haben muss, sowie für Zeremonien und Zustände in Brasilien, weshalb der Tribal-Aspekt, den der brasilianische Soulfly-Kopf Max Cavalera vor 30 Jahren bei seiner Ex-Band Sepultura eingeführt hatte, im Stück „No Pain = No Power“ auch wieder hervortritt – erstmals, nicht letztmals auf diesem Album.
Jener Track sticht auch erstmals aus dem brüllenden Sturm heraus, indem er etwa sekundenbruchteilkurze Metalcore-Gesangsmelodien enthält und auch ansonsten strukturell mit allen geradlinigen Flüssen bricht. Und eben die Tribal-Anteile herauskehrt, wenn auch wiederum nur kurz. So kurz gerät auch das Twin-Gitarren-Solo in „Ghenna“, eine weitere Abweichung. Dafür fällt das vom Titel her an Soundgarden erinnernde „Black Hole Scum“ ziemlich deathmetalig aus, und zwar nicht nur kurz. So finster ist auch das klassische Interludium, das Soulfly seit dem ersten Album in ihre Veröffentlichungen integrieren und schlicht römisch durchziffern: „Soulfly XIII“ ertönt zwar akustisch mit dezenten Tribals, aber deprimierend. Zuletzt gibt’s nochmal ein Brett, das aber – abermals ungewöhnlich – in einen Synthieteppich übergeht.
Die Band Soulfly besteht heute aus lediglich drei Leuten, von denen Schreihals, Bassist und Gitarrist Max die einzige Konstante ist. Sein Sohn Zyon Cavalera ist immerhin seit 2012 fest als Schlagzeuger dabei, für dieses Album heuerte die Familie noch den Gitarristen Mike DeLeon an. Und Gäste, etwa den zweiten Sohn Igor Amadeus Cavalera, der das Album-Konzept erarbeitete, den alten Weggefährten Dino Cazares sowie Hardcore-Gitarrist Todd Jones und die beiden Sänger Ben Cook und Gabriel Franco. Das Twin-Solo steuerte Michael Amott bei, bekannt von Arch Enemy, Spiritual Beggars, Carcass und Candlemass.
Und während seine alte Band Sepultura den bedauerlichen Abschied bekanntgibt, haut Max Cavalera selbst einen nach dem anderen raus. Nicht nur mit Soulfly, schließlich arbeitete er sich mit der Cavalera genannten Bruderschaft am Sepultura-Frühwerk ab und hat mit der Cavalera Conspiracy, Killer Be Killed und Go Ahead And Die drei weitere Aktivitäten am laufen. „Chama“ nun kommt im schmucklosen Jewelcase ohne limited editions, besondere Aufmachungen gibt es lediglich auf Vinyl.
