Von Matthias
Bosenick (17.10.2019)
Fast alles richtig gemacht! Die
Gagdichte ist immens, die Figuren sind grandios, die Geschichte ist
schlüssig, der vertraute Kosmos ist eingehalten, der Spaß richtet
sich an alle Altersstufen, die Anspielungen sind Legion, die
Schnappatmung ist garantiert. Da nimmt man die zu sehr kindgerechten
Anteile, den leichten Qualitätsabfall gegen Ende und den miesen
Soundtrack trotzdem dankbar in Kauf. Im zweiten Kinofilm trifft das
Knetgummischaf Shaun aus dem Umfeld von Wallace & Gromit auf ein
Alien und hilft ihm, zu seinem Planeten zurückzukehren. Ohne Worte!
Wie soll man von einem Film erzählen, in dem kein Wort fällt? Es
macht immer wieder sprachlos, wie viel Inhalt, Gefühl und Handlung
bei den Shaun-Abenteuern komplett sprachlos zum Ausdruck kommen,
sieht man von Schildern und Zeitungsüberschriften (mit
Grammatikfehlern!) ab. Ein pastelliges Alien mit übernatürlichen
Kräften und nicht von ungefähr kindlichem Gemüt landet dieses Mal
im Schafstall. Shaun freundet sich selbstredend stante pede mit ihm
an und sucht die verloren gegangene fliegende Untertasse des Wesens.
Dabei sieht sich das Duo diversen anderen Interessen ausgesetzt:
Hütehund Bitzer will natürlich die Herde beisammenhalten, der
Farmer sieht im Alienrummel seine Chance für einen
UFO-Vergnügungspark namens „Farmageddon“ gekommen und eine
Gruppe bewaffneter Alienjäger jagt das Alien. Am Ende kommen alle zu
ihrem Recht, und das ist einer von vielen überraschenden Kniffen im
Drehbuch.
Als wäre das nicht genug, hat man es auch noch
mit einer immensen, zumeist auf britischem Humor basierenden
Gagdichte zu tun. Den Autoren fallen dazu so viele Lustigkeiten ein,
dass sie keine plattwalzen müssen: Hat man einen Witz gesehen, ist
er auch schon weg und das nächste Dutzend Gags steht schon für ein
kurzes Aufflackern parat. Manchmal ist man ganzen Wimmelbildern
ausgesetzt, die schneller verschwunden sind, als man alle Details
wahrgenommen haben kann. Man kann sich nur auf die DVD und seine
Pausentaste freuen.
Natürlich wildert das Team zunächst
in allen erdenklichen SciFi-Formaten, von „Doctor Who“ über
„Akte X“ bis „2001: Odyssee im Weltraum“. Der überwiegende
Teil der Gags ergibt sich aber situationsbedingt aus der Plot- und
Figurenkonstellation, steht also selten für sich allein da, und
lässt auch den guten, alten Slapstick nicht aus. Die
Hauptgegenspielerin etwa ist die Leiterin des MiB-Teams, eine
Gothic-Version von Dana Scully, die irrtümlich Bitzer für das Alien
hält; allein der Hintergrund dafür ist gut konstruiert. Schön ist,
dass den Autoren aber auch für diese Furie eine menschliche Seite
einfällt. Das UFO-Jäger-Team dieser Agentin besteht aus
gesichtslosen Menschen in gelben Schutzanzügen, und die machen
allerlei Unsinn im Hinter- oder Vordergrund: Staubsaugen, Stullen
futtern, Cola nicht trinken. Handwerkende Schafe, gebeamte Stiere,
geplagte Porzellanläden, selbstherrliche UFO-Jünger, geldgierige
Farmer in Unterhose, ein Geräusche kopierendes Alien, schwitzende
Roboter, Pizza, Tiere, Sensationen: Es muss für Drehbuchautoren
herrlich sein, bekloppte Ideen haben zu dürfen und diese auch noch
im Film unterbringen zu können.
Gegen Ende geht ihnen
allerdings etwas die Luft aus. Als sämtliche Beteiligten den
Vergnügungspark in Schutt und Asche legen, ist zwar jede Menge Tempo
drin, aber kaum noch Handlung, da hätten es zehn Minuten weniger
auch getan. Dafür ist das Finale der Szene versöhnlich rührend.
Und man hat immer noch genug zu lachen: Als Shaun die Agentin mit dem
großen F von „Farmageddon“ bewirft, ruft sie „Ack!“ –
ergibt phonetisch „Fack“. Die Szene im Kaufhaus überdies ist
auch viel zu überdreht und bunt, da erkennt man, dass die sich
direkt an die Kinder richtet. Laute Rülpser ziehen immer. Und auch
in diesem Chaos verstecken die Autoren noch unfassbare Ideen. Letztes
Manko ist der Soundtrack, der bis auf „Out Of Control“ von The
Chemical Brothers nur unhörbare Radio-Gebrauchsmusik
beinhaltet.
Schön ist, dass dieses Spektakel sich
passgenau ins bestehende Shauniversum einfügt: Wer die Serie liebt,
entdeckt die vertrauten Elemente wieder, und die Figuren verhalten
sich auch, wie man sie kennt. Damit ist dieses ein seltener
gelungener zweiter Kinofilm überhaupt und sogar weit besser als die
letzten Episoden der TV-Serie. Außerdem stellt das Autorenteam so
sicher, dass die Figuren hier zwar auch niedlich sind, aber nicht im
kitschigen Disney-Stil. Das letzte Wort hat Shaun: