Von Matthias Bosenick (12.02.2025)
Mit für europäische Ohren indisch anmutenden Instru- und Elementen starten die zwei langen Tracks, die ein namentlich verborgener Musiker aus Frankreich unter seinem Alias Self-Discipline auf der Debüt-EP „Otherness“ in die Welt wirft. Eigentlich macht der Mann aber verlangsamten Metal, schreit dazu wie im Hardcore und bettet indische Philosophien und Harmonien in sein Brett ein. Kommt gut, macht Lust auf ein Album.
Beide Tracks beginnen mit indisch instrumentierten Intros, die beinahe wie elektronisch generiert klingen, so klar, so fein, so glockenhell, mit weiblichem schamanischem Gesang, Tablas und was es sonst noch so an Gerätschaften gibt, die einem in Europa eher nicht so vertraut sind. Wie nebenbei gleiten beide Tracks, der zweite, „A Call To Observe“, etwas später als der erste, „We Are One With The Universe“, in den Metal über, in wuchtige Riffs, schleppendes, dem Doom nahes Tempo, agile Moshpassagen, die eine Headbangerstrecke ergeben und sich zwischenzeitig etwas ausruhen, um der kontemplativen Meditation nach indischer Art etwas Raum zu geben, bevor sie wieder losbrettern.
Analogien finden sich einige: Bei der angekündigten Mischung aus harter Musik und Indien kommen einem Shelter in den Sinn, und immerhin der schreiende Gesang hat im ersten Song etwas vom Hardcore, in seiner Tonhöhe. Senkt Self-Discipline diese etwas ab, klingt er, insbesondere im Verbund mit dem Moshmetal, nach Max Cavalera, und die Musik, diese Kombination aus traditionellen Sounds und Thrash Metal, an dessen letztes Sepultura-Album „Roots“. Bis der Metal einsetzt, hat das Hypnotische etwas von Dead Can Dance, das Self-Discipline mit seinem Metal beizubehalten in der Lage ist.
Über Self-Discipline lässt sich nicht viel herausfinden. Männlich ist der Mensch dahinter, irgendwo aus Frankreich kommt er, eine Webseite hat er, sein Projekt hob er 2023 aus der Taufe und bringt es erst jetzt mit der viertelstündigen EP in die Öffentlichkeit. Vermutlich heißt er Vincent und ist Cousin von Étienne, dem Betreiber des Labels, dessen anderer Cousin als Ténèbre die EP masterte. Die Instrumente, die Self-Discipline abseits vom klassischen Rock’n’Roll-Fuhrpark verwendet, sind Tumbi, Santur, Dhol, Tablas, Harmonium, Sitar und Tampura. Inspirieren lässt er sich von indischer Folklore und Spiritualität, von Wissenschaft und – siehe Bandnamen – Selbstdisziplin, die quasi automatisch aus Selbsterkenntnis und Selbstliebe resultiert. Dabei orientiert er sich an Jiddu Krishnamurti (1895-1986) und dessen Lehre vom Ich. Auch wer darauf nicht viel Wert legt, kann an der Musikmischung seine Freude haben, die geht bestens auf.