Von Matthias Bosenick (01.04.2021)
File between !!! and (0), zumindest, was die Unaussprechbarkeit betrifft: Bei qqqØqqq handelt es sich um ein Ambient-Duo aus Venedig, das vorrangig mit Synthesizern und Gitarre arbeitet. Das bereits 2015 aufgenommene Album „A Lustrum Before Revelations“, das jetzt unter anderem via Toten Schwan Records erscheint, kombiniert das Hypnotisch-Tanzbare von Dead Can Dance und Delirium mit einem unterschwelligen Gitarren-Industrial. Und diese Mischung geht auf: Was wie ein Widerspruch klingt, kombiniert sich hier zu einer variantenreichen Entdeckungsreise.
Nur drei Stücke finden sich auf dem Album, je zwei über zehn Minuten lang, eines fast zwanzig. Also ausreichend Zeit, die Tracks wirken zu lassen. So startet „R.I.H.T.M.A.“ tatsächlich wie ein weltmusikalisches Stück mit textlosem Frauengesang, das die epischen Dead Can Dance mit den tanzbaren Delirium verbindet. Auch wenn da Tempo natürlich nicht clubtauglich ist, aber ein Kopfnicken ist dazu ebenso möglich wie eine entspannte Traumreise.
Beim folgenden Titeltrack dominieren synthetische Früh-Achtziger-Drumsounds zu einem melodiefreien Ambientteppich, in das nach mehr als einem Drittel Spielzeit ganz überraschend die E-Gitarre einfällt, ungebratzt, aber schärfer als der Rest der Musik und somit zwar auffallend, sich aber wohlfeil einordnend. Auch so ein Stück zum Dahinschweben, das sich indes steigert, Gitarre und Drums verstärken ihre Intensität, der Ambient-Hintergrund bleibt erhalten, und so bemerkt man diesen Wechsel nur, wenn man aufmerksam zuhört und sich nicht vom Alltag ablenken lässt. Hypnotisch, aber sowas von, und dem Hörenden überlassend, ob er sich dazu fallen lässt oder in Ekstase tanzt. Bis das Stück vorübergehend in einen Ambient nach Berliner Schule mündet, also auf die reine Fläche reduziert, und dann den Hypnoselärm gesteigert fortsetzt.
Zuletzt vermengt „Hypothesis“ die hervorstechendsten Merkmale beider vorangehender Tracks: den weiblichen Gesang und die synthetischen Drumsounds. Auch dieser Track ist ein entspannender Ambient, unterlegt mit einer rudimentären Melodie, hervorgebracht von einem Instrument, das an eine Oboe erinnern mag. Dazu rezitiert eine leise, aber bestimmte Stimme kryptische Texte. Der Track hat gar etwas Sakrales. Interessant ist bei qqqØqqq die gedankliche Nähe zum Black Metal, die Kompromisslosigkeit, die Ferne zu jedem gängigen Format, das Geräusch, das zum Entspannen aufruft, und doch ist die Musik kaum weiter entfernt davon anzusiedeln. Auch wenn sowohl der Bandname als auch das Cover anderes vermuten lassen, ist sie mitnichten deprimierend oder brutal.
Bei „A Lustrum Before Revelations“ handelt es sich um das zweite Album des Duos qqqØqqq, zusätzlich gibt es noch zwei Split-Alben und zwei EPs. Auf insgesamt vier Labels ist dieses Album erschienen, bei Toten Schwan als Digipak-CD. qqqØqqq besteht aus Tommaso Busatto alias Plasst, der die Synthies bedient, und Gitarrist Carlo Mantiore alias Megasole. Den Gesang übernahm La Piuma, zusätzliche Synthies und Percussions sowie die Aufnahme Mirko Volpe von den Projekten Murmur Mori und Kreativ In Den Boden. Da tun sich im Wortsinne Universen auf.