Psychedelic Source Records – Psychedelic Riffage From Under The Ground Of Budapest Vol. 1-4 – Psychedelic Source Records 2025

Von Matthias Bosenick (11.04.2025)

Stoner-Fachmann Doktor420 empfiehlt: Was für ein Setting: Das ungarische Label Para Hobo lud an zwei Tagen im Februar die Bands Great Rift und The Black Flamingo zu einem Gig ins Riff in Budapest ein, und anstelle einer Supportband bat man lokale Musiker, miteinander in Kreuzüber-Besetzung zu jammen. Dieser Versuch ging so gut aus, dass die Beteiligten entschieden, die Mitschnitte öffentlich zu machen, verteilt auf je drei Tracks in vier Alben. Heraus kommen nun also vier Ausgaben von „Psychedelic Riffage From Under The Ground Of Budapest“ unter dem Projektnamen Psychedelic Source Records, weil sich jenes Label der Veröffentlichung annahm. Kompliziert? Egal, beiseite damit und in die Mucke fallen lassen.

In einem unerwartet hohen Tempo beginnt die erste Session, „Caves Of Glass“ prescht ungestüm voran, Gitarren umflirren unverzerrt das flotte Schlagzeug, der Bass findet einen eigenen, aber sich bestens fügenden Groove dazu, und sobald sich die Musiker erstmal ausgetobt haben, geht die Intensität auch wieder herunter. Es wird krautig, psychedelisch, experimentell. Für „Neddy Lows“ bleiben die Musiker zunächst langsam, chillig, jammig, legen aber über die ohnehin lange Spielzeit an allem dezidiert zu. Das behutsame, aber ausdrucksstarke, beinahe nach alten Jazzplatten klingende Schlagzeug scheint alles zusammenzuhalten, es gibt eine nachvollziehbare, vertraute Form vor, an der entlang sich die Saiteninstrumentalisten geordnet psychedelisch austoben und erst gar nicht ins rein Kakophonische, Unhörbare geraten können. Hier bekommt man einmal mehr Jams zu hören, die erscheinen, als seien sie komponiert. Da kann es auch mal passieren, dass Sounds in „The Fall Of The Great Protanopian“ an Effekte aus dem Rock der Achtziger erinnern, eine Gitarre wie auf „The Unforgettable Fire“ von U2 etwa, aber keine Angst, der Track wird schon noch schön psychedelisch. Das waren schon mal die ersten 42 Minuten.

Die zweite Session ist mit drei Tracks in 36 Minuten vergleichsweise kurz, erfährt aber eine personelle Erweiterung. Besteht die Besetzung im ersten Teil aus Bassist Dávid Strausz (:nepaal, Sci-Fi Safari), Schlagzeuger Krisztian Megyeri (:nepaal, Satorinaut, Sci-Fi Safari) sowie den Gitarristen Ákos Karancz (:nepaal, Pilot Voyager, Sci-Fi Safari) und Bence Ambrus aka Amrus Bence (Lemurian Folk Songs, River Flows Reverse, Slight Layers, Predictions, River Flows Reverse, Liquidacid, :nepaal, Satorinaut), gesellt sich ab „Opal“ Keyboarder und Trompeter Miklós Kerner (Mikrodosemike) dazu, den Bass übernahm Róbert Kránitz (Satorinaut) und den Platz am Schlagzeug nimmt außerdem jetzt Sándor Nagy (Tpsprt, JaikoGian) ein. Der spielt seine Batterie etwas behutsamer, aber genau so strukturiert. Dafür kreisen die Sounds ausufernder drumherum, man hat den Kopf in einem Hallraum. Sobald man dort erstmal angekommen ist, versetzt die Trompete dem spacigen Jam den Jazz. „Hold“ bekommt ein dominanteres Schlagzeug mit einem komplexeren Rhythmus, auf dem die geisterhaften Instrumente umeinanderschwirren, allmählich allesamt an Intensität zulegen und beinahe einen beschleunigten Drone ergeben. „White Falcon“ beginnt mit einer warmen Trompete, die dem avantgardistisch-experimentellen, stillen Jam bald den Platz überlässt. Doch sie bekommt noch ihren Anteil in diesem unterschwellig groovenden Track.

Für die 37 Minuten der dritten Session bleiben Strausz, Kerner und Karancz, dafür wechselt Mátá Varga (Slight Layers, Predictions) ans Schlagzeug und übernimmt Gergely Szabó aka Szabó Gergely (Sci-Fi Safari, Dalriada, Infinity) die zweite Gitarre. „Laudanum Drops“ geht dann erstmal ins All, sphärisch, spacig, mit dezenten Trompetentupfern und einem behutsam klickernden Takt. „Flowers And Baguettes“ bliebt minimalistisch, reduziert, behutsam in der Kontemplation verhaftet. Mit subliminal anschwellender Energie wird’s umso spaciger, psychedelischer, abgedrehter. Irgendwo im Hintergrund steht ein Trompeter und testet leise den Hall des Venues aus. Der Übergang zu „El Campo“ erfolgt fließend, doch geht der Sound der Gitarre in eine dubbige, afrobeatige Richtung, während der Unterkörper weiter dezent den Rahmen absteckt. Der Sound wird nie so dicht, dass man den gelegentlich auftretenden einsamen Trompeter nicht heraushören könnte. Kurz vor Schluss gibt der Schlagzeuger für einige Momente etwas Gas und verleiht dem Stück eine energetischere Erscheinung.

Das Ensemble reduziert seine Stärke für die letzten 37 Minuten der vierten Session: Nur noch zu viert spielen sie auf, neben Gergely (hier allerdings am Bass), Bence und Kerner noch der neue Schlagzeuger Nikosz Tasos Vangelisz (Third Planet, Califortune, Liana). Der trommelt wieder etwas trockener und treibt „Feel Of Fuel“ voran, während die anderen sich erstmal selbstversunken zurückhalten und lediglich schwirrende Sounds abgeben. So entsteht dennoch ein fesselnder Groove, auch deshalb, weil die Gitarre einen rhythmischen Effekt bekommt, bevor sie in den klassischen himmelsstürmenden Artrock-Sound übergeht. Zum Schluss dringt die epische Trompete in den verdichteteren Sound ein und generiert eine Art kurzen Drone, viel zu kurz leider, die Passage hätten sie gern ausbauen dürfen. Zuletzt erklingen „Echoes From The Future“, und zwar zweigeteilt. Hier ist die Trompete zunächst gestopft und die Gitarre durch den Wahwah gejagt, bald befreien sich beide und es klingt, als habe Sven Regener die Bühne geentert. So viel Leben, so viel Agilität wie hier die Trompete hatte bisher keiner bei dieser Session, der nicht hinterm Schlagzeug saß. Sobald der Hallraum wieder an Wirkung gewinnt und die „Sketches Of Spain“ verwehen, drehen auch die Saiteninstrumente auf und gniedeln sich ekstatisch in Trance. Die Session geht in einen endlosen, langsamen Hall über, alle Instrumente verlieren sich nebulös, bevor sie zum letzten Aufbäumen nochmal aufdrehen.