Pet Shop Boys – Inner Sanctum (Live At The Royal Opera House) – X2/Rough Trade 2019

Von Matthias Bosenick (13.05.2019)

Die Pet Shop Boys haben die wahrscheinlich größte zusammenhängende Hitdichte der weltweiten Charts seit 1984, greifen also auf ein Oeuvre zurück, mit dem sie globusumspannend die Menschen glücklich machen. Für ihre noch zu Beginn ihrer Karriere als unmöglich abgetanen Liveauftritte bündeln sie weit über 20 Songs und decken damit noch nicht einmal alle Favoriten ab. Im Mittelpunkt der Auftritte stehen dabei weniger die musikalischen Extravaganzen des Synthiepopduos, sondern die Performance. Insofern ist die Veröffentlichung eines Konzertes auf DVD bei den Pet Shop Boys die bessere Wahl als auf CD – zumal die Songs live schon lang wie billige Cover ihrer selbst klingen, wäre da nicht die charaktervolle Stimme von Neil Tennant.

Das fiel schon länger auf, auch in Roskilde, München und Wolfsburg: Zaubert Chris Lowe im Studio die einnehmendsten Sounds zusammen, beschränkt er sich live schlicht auf Melodie und Rhythmus. Den Knallern und Klassikern fehlt das Volumen auf der Brust, die sind lediglich Transportvehikel für die Gefühle des Publikums und Tennants Gesang. Und also guckt man sich die Tänzer an, die Verkleidungen des Duos, die ansehnlichen Bonusschlagzeuger und die Animationen auf der LED-Wand. Ist auch alles ganz schmuck geworden, wie immer, da ist bei den Pet Shop Boys Verlass drauf. Der distinguierte Herr am Mikrofon ist ganz klassischer Engländer, der unerkennbare Typ an den Tastenapparaten weltbürgerlich in sich gekehrt. Passt.

Seit dem letzten Live-Dokument „Pandemonium“, wie „Inner Sanctum“ nach einer Single aus dem jeweils jüngsten Album benannt, sind schon wieder drei Alben vergangen, da kann man die aktuelle Show ruhig wieder auf die Datenträger bannen. Vier sind es hier, eine DVD, eine BluRay und zwei CDs, mit einem einstündigen Auftritt von Rock In Rio als Bonus auf den Videodatenträgern. Ja, genau: Pet Shop Boys bei Rock In Rio. In einer Reihe mit Iron Maiden, Rush und weiß der Geier wem aus der Gitarrenfraktion noch, dessen Gefolgschaft zumeist abschätzig auf das Popduo herabblickt. Egal, so geht Offenheit, und letztlich ist es only Rock’n’Roll and I like it.

Diese jüngsten drei Alben nun sind für sich selbst schon von unterschiedlicher Qualität, wie es die Pet Shop Boys schon immer waren – nicht jeden Song konnte man uneingeschränkt feiern, auch als Hardcorefan. „Elysium“ nun war langweilig, „Electric“ war bombastisch gut und „Super“ hätte besser „eher so mittel“ heißen sollen, wären das nicht zwei Wörter zu viel für die Albumnomenklatur der Pet Shop Boys gewesen. Material zum Feiern werfen die letzten beiden Alben trotzdem ab, und darauf gehen die Fans im königlichen Opernhaus auch bereitwillig ein; man spürt keinen Unterschied, ob die Meute einen Achtziger-Klassiker, einen Neunziger-Stadionhit oder etwas Zeitgenössisches zelebriert. Respektabel, und dazu trägt sicherlich auch Lowes Nivellierung der Sounds bei – man hört da eh keinen Unterschied, erinnert sich aber gut an die Zeit, aus der die Songs stammen. Vermutlich ist man für das heimische Hörvergnügen auch mit den entsprechenden Alben besser bedient, bekommt hier aber noch etwas fürs Auge. Geht in Ordnung.

Die Tracklisten:

Inner Sanctum:
Inner Sanctum (von „Super”, 2016)
Opportunities (Let’s Make Lots Of Money) (von „Please“, 1986)
The Pop Kids / In The Night / Burn (von „Super“ / von „Disco“, 1986 / von „Super“)
Love Is A Bourgeois Construct (von „Electric“, 2013)
New York City Boy (von „Nightlife“, 1999)
Se A Vida É (That’s The Way Life Is) (von „Bilingual“, 1996)
Love Comes Quickly (von „Please“)
Love Etc. (von „Yes“, 2009)
The Dictator Decides / Inside A Dream (von „Super“ / von „Electric“)
West End Girls (von „Please“)
Home And Dry / The Enigma (von „Release“, 2002 / exklusiv)
Vocal / The Sodom And Gomorrah Show (von „Electric“ / von „Fundamental“, 2006)
It’s A Sin (von „Actually“, 1987)
Left To My Own Devices (von „Introspective“, 1988)
Heart / Go West (von „Actually“ / von „Very“, 1993)
Domino Dancing (von „Introspective“)
Always On My Mind (von „Introspective“)
The Pop Kids (Reprise)

Rock In Rio:
Inner Sanctum
Opportunities (Let’s Make Lots Of Money)
Burn
Se A Vida É (That’s The Way Life Is)
West End Girls
Home And Dry / The Enigma
Vocal / The Sodom And Gomorrah Show
It’s A Sin
Left To My Own Devices
Go West
Domino Dancing
Always On My Mind

Nicht berücksichtigt: „Behaviour“, 1990, „Elysium“, 2012.
Exklusiv: „The Enigma“, auch auf der aktuellen „Agenda EP“ nicht enthalten.