Oddateee – Rabbit Season – Atypeek Music/KdB Records 2025

Von Matthias Bosenick (28.03.2025)

Die „Rabbit Season“ läutet eine Zeitreise ein: Diese gute halbe Stunde Hip Hop hätte so auch vor ungefähr 25 Jahren bereits erschienen sein können. Das ist kein Nachteil, im Gegenteil, es ist eine Freude, diesen dunklen, recht experimentellen Düster-Downbeat-Hip-Hop anzuhören. Dafür lud sich Host Oddateee alias Ricardo Galindez vier Features ins Studio, das er vor einiger Zeit von der Bronx nach Lyon verlegte, darunter Dälek. In dieses Rabbit Hole steigt man gern hinab.

Zunächst stellt man fest, dass Oddateee eine schön tiefe, rauhe Stimme hat, etwas oberhalb gelegen von Chuck D, bis er sie auch mal erhebt, dann rappt er aufgeregt und energetisch. Dabei entwickelt er einen angenehmen Flow, er lässt die Worte wortwörtlich fließen. Sein Hip Hop ist stark an den Neunzigern orientiert, die ihrerseits bereits sehr vielfältig waren. Heißt also: eher dunkel und karg, minimalistisch und repetitiv, in langsamem Tempo.

Oddateees erster Gast ist jemand namens Dev One, der die ersten vier Tracks begleitet. Nein, Partystimmung kommt hier nicht auf, auch wenn das Duo wie im knochentrockenen „Protect Yourself“ wiederkehrend „get your hands up“ skandiert, das muss anders gemeint sein. Festzustellen ist, dass „Rabbit Season“ für ausdrücklich als experimentell etikettierten Hip Hop angenehm zugänglich ist. Man darf halt dunklen Sounds und düsterer Stimmung nicht abgeneigt sein. Die Musik hier besteht nicht vordergründig aus Samples, sondern scheint synthetisch generiert zu sein, und erinnert durchgehend an das, was man vom Wu Tang Clan, also von RZA, so kennt. Andere Neunziger-Acts begründeten ihre Musik auf Samples aus Jazz, Funk und Soul, und diesen Funken von A Tribe Called Quest bringt Oddateees zweiter Gast Skalla, der es mit dem Sprechen nicht so richtig eilig hat, für seinen Track „5 2 10 Stretches“ mit, obschon der dennoch den RZA-Anklang in seiner Monotonie nicht ablegen kann. Fuck up, fuckin‘ motherfucker!

Für den Track „Bang“ holt sich Oddateee dann endlich Dälek dazu, und da wird es nicht richtig eindeutig, ob damit die gesamte Crew oder lediglich Will Brooks, also MC Dälek, gemeint ist. Dieser Track gleitet auf Sounds, die von Nine Inch Nails‘ „The Downward Spiral“ abgeguckt sein könnten, in die Apokalypse, er ergibt einen Flow in den Abgrund. Wie als Gegenpol dazu bringt anschließend Junior Robinson etwas Somme ins Album, er ist auf vier Tracks der Gast. Seine Stimme ist wesentlich höher gehalten und driftet mit ununterbrochenem Gemurmel wie in „Hated“ auch mal ins Anstrengende, aber die Tracks setzen abermals andere Akzente auf dem Album; im genannten Stück etwa erinnern die doomigen Sounds an Milk Cult. In „Dumb Shit“ wiederum klingt das Sample nach der Gitarre aus „Falling“ von Julee Cruise und Angelo Badalamenti, in „SpiKKKs“ dominiert ein Piano-Loop den Track und es gibt außerdem erstmals ein Scratch-Solo. Letzter Gast ist Mickalo‘ im Track „Choose Wisely“, das abermals auf einer Pianofigur basiert und mit einem Shaker, einer simpel-minimalen Melodie und einem Schusswaffen-Sample die verfügbaren Neunziger-Anleihen komplettiert.

Mit dem Album „Steely Dark Glasses“ trat Oddateee 2002, damals noch von New York aus und bereits mit Dev One als Gast, erstmals als Solist in Erscheinung, derweil war er bereits mit Dälek assoziiert sowie hernach Gründer der Crew The Labteks; mittlerweile lebt er in Lyon. Nicht auf dem Album enthalten sind überdies die stapelweise Singles, die Oddateee allein seit dem Jahreswechsel veröffentlichte, aber das ist nicht wild, schließlich geht es ja um den Flow, den „Rabbit Season“ entwickelt, und nicht um Vollständigkeit.