Von Matthias Bosenick (25.06.2024)
Myriad Drone aus Melbourne waren offenbar viel in der Toundra unterwegs: Das Debüt „Arka Morgana“ lässt es zumindest annehmen, dass die Post-Rock-Helden aus Spanien ein Vorbild für die Australier waren. Nicht schlimm, die Band findet noch hinreichend eigene Schleichwege in dieser episch-opulenten Variante instrumentaler Rockmusik. So viele, dass das Label Bird’s Robe Records aufmerksam wurde und das selbstproduzierte und selbstvertriebene Debüt aus dem Jahr 2019 jetzt kurz vor dem Zweitling offiziell herausbringt. Kann man abnicken.
Man nickt sowieso nicht wenig beim Genuss von „Arka Morgana“, im gemächlichen Schritt mäandert die Musik umher, man mäandert mit, schlägt Bögen und Brücken und lässt sich in seinen Stimmungen von zurück- bis aufgelehnt beeinflussen. Denn einerseits bedient die Band durchaus Stereotypen des Post Rock, klassisch etwa die Gitarre, die wahlweise hoch flirrend oder psychedelisch dudelnd zum Einsatz kommt. Kennt man, aber Myriad Drone ruhen sich darauf nicht aus und nutzen diese Elemente nicht als einziges karrierebeförderndes Verkaufsargument. Vielmehr fungieren solche Sequenzen als Ankerpunkte für die Genrehörenden, die ihren Horizont erweitert bekommen möchten.
Schönklang allein verklebt die Ohren, deshalb rauhen Myriad Drone ihre Gitarren gern auch mal an, bratzen über die schönen Melodien hinweg, verleihen dem Schlagzeug eine Lachgaseinspritzung, driften in Richtung progressivem Metal ab und lassen den Bass dröhnen wie im Groove Metal. Am anderen Ende der Skala fallen sie zurück in eine kontemplative Ambient-Hängematte, lassen Chöre die Melodien dezent mitsingen, nutzen Stimmen überhaupt als Instrument, und zwar so, dass es nicht immer nachvollziehbar ist, ob dabei Inhalte in nachvollziehbarer Sprache vermittelt werden oder wie bei Sigur Rós ausgedachte Laute. Diese beiden Enden der Skala setzen Myriad Drone wahlweise alternierend und überlappend ein; in den schönstmöglichen Chor-Gitarrenflächen-Post-Rock mit Synthies kann da etwa das Schlagzeug gewaltvoll hineinbrettern – ohne, dass es stört. Mit ihrer himmelsstürmenden Opulenz generiert die Band eher melancholische Stimmungen; Sehnsucht und Wehmut bestimmen das Feld, so richtig glücklich sind die Musizierenden nicht zwingend, die Hörenden aber schon.
„Arka Morgana“ ist berechtigt ein Debüt, das Aufsehen erregt. Vor diesem Album, an dem die Band zwei Jahre lang zu Hause und in verschiedenen Studios bastelte, was man hier überhaupt gar nicht als Flickschusterei wahrnehmen kann, so sehr bildet die Musik, bilden die Tracks eine Einheit, veröffentlichten Myriad Drone 2017 eine selbstbetitelte EP, seinerzeit offenbar noch als Solo-Projekt vom Bandkopf mit dem kryptischen Namen Shamus Maximus, der möglicherweise in Neuseeland als Shane Mulholland zur Welt kam und vor Myriad Drone bei The Bones Of God und Zerstiren spielte. Auf dem Debüt bestand die Band zusätzlich aus Bassist Dominic Lewis, Gitarrist Mikey Harland und Schlagzeuger Frankie Demuru, alles versierte Leute, die aber seit 2023 nicht mehr an Bord sind. Aktuell bereitet die neu formierte Band die Veröffentlichung des zweiten Albums „A World Without Us“ vor.