Von Matthias Bosenick (08.03.2021)
Trve in Rom, Thessaloniki und Kuala Lumpur: Mit Black Metal sind die sechs Stücke dieses Split-Albums von Mountain Hermit und Silenced Minstrel nur unzureichend klassifiziert. Einige Elemente finden sich bei Mountain Hermit zwar wieder, etwa das Keifen, aber die Musik besteht nicht vorrangig aus Blastbeats und Geboller, sondern vielmehr aus der Leere, die sie auch inhaltlich transportiert. Dafür ist die Produktion absichtlich heruntergefahren, keine Wall Of Sound versperrt den Zugang zu den nüchternen Basistracks. Das macht die Musik indes nicht weniger verstörend und das Hören zu einem Vergnügen, dem man sich nicht in jeder Stimmung aussetzen kann. Das amtlich fette und beinahe progressive Geballer bekommt man dann in der zweiten Hälfte von Silenced Minstrel, das räumt die Gehörgänge auf.
Der Gastgeber beginnt: Mountain Hermit aus Rom und Thessaloniki taten sich bereits im vergangenen Jahr virtuell zusammen, auch hier ergänzt Bassist und Sänger George alias Paranøia vom Solo-Projekt Vintermørke alias Papa Hermit das bis dato allein geführte Projekt von Gitarrist und Programmierer Ali, der auch als Woods At Dusk in Erscheinung tritt. So viel zur komplizierten personellen Besetzung. Das Schlagzeug ist artifiziell und auch absichtlich als solches erkennbar eingesetzt, damit sind fette Blastbeats schon mal gar nicht erzeugbar, selbst wenn die Bassdrum auch mal in hoher Schlagzahl kickt. Selbst die Atmosphären, die Ali und George erzeugen, tragen bei aller Bratzgitarre nicht den Sound der seit einiger Zeit angesagten Post-Black-Metal-Bands, sondern eine eher dem Gothic zugeneigten Leere; die Orgel im Intro spricht da eine deutliche Sprache. Die beiden eigenen Stücke strukturiert das Duo dabei nach ihrer Narration, man könnte sie beinahe als theatralisch betrachten, und erst im Darkthrone-Cover „Transilvanian Hunger“ lassen sie die Instrumente kontinuierlich shreddern und klöppeln und einen grob geknüpften Teppich ergeben.
Mehr Teppich webt Saiful Nizam Shukor alias Slienced Minstrel aus Kuala Lumpur. Seine drei Stücke klingen im Vergleich ausproduziert, amtlich fett und – ja: warm, und auch hier dominiert nicht der Black Metal, sondern sind Einflüsse aus Thrash und Death progressiv eingeflochten; seine Stimme erinnert verwirrenderweise manchmal an Bon Scott. Das gelegentlich Symphonische seines Metals liegt vermutlich in der Tatsache begründet, dass der Mann in den Neunzigern als Keyboarder der Gothic-Metalband Halun reüssierte. Um die Verwirrung komplett zu machen, veröffentlicht Silenced Minstrel auch gern mal als Quintett unter dem Alias DFF – Dead Friends Forever oder als Shadowed Grace, nummeriert seine Alben einfach nur durch und behauptet auch mal, aus Russland zu sein. Bei ihm gehört die Folklore dazu, nicht nur die aus Malaysia, sondern auch die mit den umgedrehten Kreuzen, den Pentagrammen und dem Corpsepaint. Mit „The Long Way Home“ legte Saiful Nizam Shukor zudem kürzlich sein Debüt als Sci-Fi-Romanautor vor und ist der Hohepriester einer Vereinigung namens Order Of The Atlantean Spiritual Skypath. Mit seinen musikalischen Veröffentlichungen hat Silenced Mionstrel eine so hohe Schlagzahl, dass man sich wundert, wie wohlformuliert und wenig beliebig seine drei Tracks sind; wer so viel raushaut, kann nur an Qualität sparen, will man meinen, und sein Beitrag auf diesem Split-Album widerlegt den Gedanken. Nö, seine drei Tracks machen erstaunlich gute laune und sind somit ein überraschendes Gegengewicht zu den eher depressiven Beiträgen von Mountain Hermit.