Von Matthias Bosenick (29.08.2024)
Puh, ja: Morgue Meat aus Dallas, Texas, bedienen sämtliche Klischees. Nee, halt: Sie bedienen die Death-Metal-Folklore, so war das gemeint. Bandname irgendwas mit Tod: gegeben. Albumtitel „Apocalyptic Visions“ bekannt und mit Bibelbezug: gegeben. Schriftzug unlesbar: gegeben. Cover irgendwie gruselig: gegeben. Albumtitel in einer Art Frakturschrift: gegeben. Songtitel blasphemisch und todesnah, etwa „Crushing The Messiah’s Skull“ oder „Realm Of Eternal Suffering“: gegeben. Musik meistens schnell, immer tief, teilweise groovend: gegeben. Gesang bisweilen ins Quieken gehend gegrowlt: gegeben. Preis für den Download mit Verweis auf die Offenbarung: $6.66, gegeben. Neu sind die Wurzeln des Trios: Außer in Texas liegen die in El Salvador und Mexico. Behauptet die Info, dass die Band dies musikalisch berücksichtigt, hört man es nicht wirklich heraus: „Apocalyptic Visions“ geht klassisch in die Fresse. Ein Fest für Fans des Genres.
Hier kommt das Geknüppel aus dem Sack, hier kriegt man alles, was man sich wünscht: tiefergelegte Gitarre, groovenden Bass, beschleunigtes Schlagzeug, gelegentliche Tempowechsel und thrashige Grooveattacken, Sequenzen zum Hüpfen, Zeiten des Circle Pits, jeder Song ein eigener Abgrund, und dann auch noch alles bestens produziert, hier sitzt jeder Ton, nee: jeder Ton packt zu, die Mucke greift den Nacken und lässt ihn bangen. Um seine Zukunft, vermutlich, und um sein Wohlergehen. Gipfel der Partytauglichkeit ist der genannte vierte Track „Realm Of Eternal Suffering“, der mit einem lustigen Polka-Rhythmus aufwartet und dessen Growlen ein Keifen begleitet.
Nun sagt die Info, dass die Musizierenden Einflüsse aus Texas, Mexico und El Salvador ins Album einfließen lassen. Hört man der Musik nicht an, aber der Titel des letzten Tracks könnte sich darauf beziehen: „Conqueror’s Wrath“ klingt inhaltlich nach „Cortez The Killer“. Geboren in El Salvador, genauer: San Miguel, ist Sänger und Gitarrist Sergio Alvarenga, der zudem auch bereits eine kleine Liste an Ex-Bands vorweist, mit so genrespezifischen Namen wie Judas Goat oder Sardonic Witchery. Bei den beiden anderen steht indes Dallas als Geburtsort: Schlagzeuger James Herrada ist nach zehnjähriger Unterbrechung wieder dabei, Bassist Mark Cardoza ist erst zum dritten Mal an einer Veröffentlichung beteiligt, und das lediglich immer mal wieder zwischendurch. Die Zahl der Ex-Bandmitglieder ist so groß, dass sie beinahe drei weitere Trios bilden könnten. Wären zwei nicht verstorben. Die meisten spielten mit Alvarenga in dessen früheren Bands, zusätzlich in Gruppen mit so lustigen Namen wie Verkömmen oder Thy Antichrist.
Das kaum eine halbe Stunde lange „Apocalyptic Visions“ ist das zweite Album der Band, das Debüt-Album „Mutilation In The Chapel“ erschien 2016. Die Band fand 2010 als Quartett zusammen und nahm 2012 das erste Demo „Fill The Morgue“ auf, seitdem gab es noch weitere EPs und Singles. Kurios: Am ersten Demo waren bis auf den zweiten Gitarristen Cristian Quinonez sämtliche Musiker des neuen Albums beteiligt, doch straft die Liste der Ex-Mitglieder der apokalyptischen Vision eines durchgehend stabilen Lineups Lügen. Dadurch, dass „Apocalyptic Visions“ nah am Genre bleibt, bietet es kaum etwas Neues oder Besonders, macht aber Spaß, weil‘s so schön aufs Mett geht.