Von Matthias Bosenick (11.01.2015)
Die englischen Comedy-Erneurer Monty Python nach langer Pause wieder auf der Bühne: Was vor über 40 Jahren subversiv, kreativ und provokant war, ist heute nur noch eine aufgeblasene musicalartige Nostalgie-Nummernrevue. An der Qualität der Sketche ändert das nichts, es sind bei diesem Live-Dokument der verbliebenen fünf Monty-Python-Mitglieder (und Carol Cleveland) schließlich so ziemlich dieselben wie zu aktiven Zeiten, und die endeten Anfang der 80er. Genau darin liegt eine Krux dieses Zusammenschnitts von zehn Auftritten in der Londoner O2-Arena: Er dokumentiert einen Stillstand, eine Gestrigkeit, gegen die die Pythons in den 60ern eigentlich angearbeitet hatten. Das ist nicht nur schade, sondern auch beschämend zu sehen. Die Revolution hat ihre Kinder nicht nur längst gefressen, sondern schon vor längerer Zeit halbverdaut wieder ausgeschieden.
Vermutlich war der Auftritt für das Publikum vor Ort mit deutlich mehr Gehalt gesegnet, weil es die Atmosphäre einfing, die Personen auf der Bühne sah, das Brimborium hautnah erlebte, zumindest so hautnah, wie so etwas in einem Theater mit dem Fassungsvermögen von 16.000 Leuten möglich ist. Nämlich kaum: Man hat vor der Mattscheibe den Eindruck, das Ensemble agiere ins Nichts. Kann natürlich sein, dass für die DVD entsprechende menschliche Passagen herausgeschnitten wurden; traut man dem Internet, sind beispielsweise die Versprecher gekürzt. Und das ist das größte Versäumnis: In zwei, drei Situationen weichen die Darsteller unbeabsichtigt vom altbekannten Dialog ab, kichern, sprechen direkt miteinander. Diese Momente unterscheiden sich von dem, was man als DVD-Gucker ohnehin hat: den Sketch eben auf DVD. Da kommt man den alten Ensemblemitgliedern näher als in jedem Close-Up während der wiedergekäuten Dialogabfolgen. Davon hätte man gerne deutlich mehr gehabt. Und wenn nicht das, dann wenigstens überraschende Varianten im Bekannten.
Weil die Sketche in der Live-Fassung anders geschnitten sind als in den Originalen, funktionieren viele Gags nur deshalb überhaupt noch, weil man sie eben kennt. Oftmals gehen Pointen nämlich auf der gigantischen Bühne verloren. So gut die Sketche auch sind, sie erreichen so gut wie niemals die Qualität, die sie in der Originalfassung haben.
Die ist zum Teil sogar Bestandteil des Sets: Je zu einem Drittel besteht es aus Live-Sketchen, Musicalpassagen und eben originalen Filmeinspielungen, meistens mit dem einzig verstorbenen Python Graham Chapman sowie mit den Trickfilmchen des einzigen US-Amerikaners im Team, Terry Gilliam – der von den lebenden Pythons heute zudem der kreativste ist. Doch wer die alten Clips sehen will, findet sie bereits auf DVDs, auch in Best-Of-Form, das bedarf keiner neuen Aufbereitung als Streckmittel in einem Live-Mitschnitt. Mit den beinahe wortgetreuen Wiederaufführungen der alten Sketche und Filmausschnitte ist es ebenso, da macht lediglich der Fakt den Unterschied, dass man diese Sketche nun von Leuten gespielt bekommt, die alt aussehen und klingen. Vertraute Personen mit 40 Jahren mehr auf dem Buckel (und sonstwo). Und die Musicalpassagen sind ja ganz nett choreografiert, aber eben Musicalpassagen, und damit wirken Monty Python leider so furchtbar wie der „König der Löwen“. Mit dieser schrecklichen Analogie vor Augen ist es dann auch egal, ob diese gesungenen und getanzten Passagen gerade von Sperma und Oralsex handeln, es macht den Eindruck nicht besser. Und wer Frauen in Altherrenmanier in Strapsen oder mit gefaketen blanken Brüsten tanzen sehen will, wird andernorts sicherlich auch besser bedient.
So bietet die DVD nahezu keine Überraschungen, anders als es Monty Python zu aktiven Zeiten permanent taten. Auch die Bonus-Tracks enttäuschen dank ihrer Knappheit, zudem vermissen Kenner den selbstironischen Trailer der Rolling Stones, der insgesamt mehr unvorhersehbaren Witz hat als der zweieinhalbstündige Auftritt der Pythons.
Die Show gibt es auf DVD und BluRay sowie limitiert in einem LP-großen Buch, dem sowohl DVD als auch BluRay sowie die Tonspur auf zwei CDs beliegen. Letztlich wird man sich das Buch wohl öfter ansehen als den Auftritt. Und die alten DVDs öfter als das Buch.