Von Matthias Bosenick (28.05.2024)
Es gibt etwas Neues von Schepper – aber dieses Mal keine Musik, sondern ein Buch mit Lyrik: „Gedichte Gefühle Gedanken & Gedöns“ beinhaltet genau das, was der Titel verspricht, ist also sehr persönlich gehalten und spiegelt die Seelenlage ebenso wie die Auseinandersetzung mit der näheren und weiteren Umwelt des Autoren wieder. Die Grundstimmung ist über manche Strecken melancholisch, aber es wäre natürlich kein Buch von Schepper, tobte er sich nicht auch humoristisch darin aus. Was indes wundert: Kein einziges Mal fällt das Wort „Bass“. Aber dafür hat er dann ja auch seine CDs.
Kennt man die Lebensumstände des Autoren, kann man die entsprechenden Gedichte mit Bezug dazu schnell erfassen, in Inhalt und Stimmung. Kennt man sie nicht, gibt Schepper indes Hinweise darauf, da ist seine Lyrik dann autobiographisch: Schmerz etwa ist ein wiederkehrendes Thema („Der ungebet’ne Gast“), der Umzug aus der geliebten Stadt in die ländliche Heimat und die damit verbundene Wehmut lassen sich in Puzzleteilen aus mehreren Gedichten herausarbeiten („Prinzenpark“), auch die Isolation in der Coronazeit („Alleinachten“, „Coronallein“) inklusive Aufruf zur allgemeinen Rücksichtnahme sowie eine gewisse Schwermut dringen durch („Grauer Tag“/„Der bunte Tag“). Doch belässt es Schepper nicht bei Melancholie und seelischer wie physischer Pein, schon das letztgenannte Beispiel belegt, wie er seiner Seele Licht zu verleihen vermag. In „Dankbarkeit“ etwa setzt er das Konzept der Achtsamkeit dichterisch um, „Schicksal“ ist eine Ode an die (Selbst-)Ermunterung.
Weitere Themen drehen sich um das Weltgeschehen, in „Der Mond“ und „Menschenskinder“ etwa appelliert er an die Vernunft, auch sind die gegenwärtigen Krisen und Kriege sowie daraus resultierende Ängste Bestandteil von Scheppers Gedichten. Und auch das ist noch längst nicht das Ende der Dichtkunst. In die im Grunde alphabetische Aneinanderreihung der ausschließlich kleingeschriebenen Texte mischt sich als Fortsetzungsreihe „Der Apfel“, der noch zwei weitere Brüche birgt: einmal die Struktur, denn hier beschränkt sich der Dichter zumeist auf weit weniger Zeilen als in den meisten übrigen Beiträgen, und er öffnet außerdem die Türen für den Humor. Den bindet Schepper ohnehin immer wieder ein, mal überraschend als Pointe, quasi wie im Nebensatz, mal als Kernanliegen („Annabelle“) und mal in einer eher grotesk-morbiden Form („Der Hahn“).
Auch in den Strukturen zeigt Schepper seine Vielseitigkeit. Zwar nutzt er zumeist ein vertrautes Reimschema, um seine Inhalte zu transportieren, doch nicht selten steht eben die Form im Vordergrund, wenn er etwa in „Willkommen im Wo“ poetisch in Zweizeilern mit Paradoxien spielt oder „Augenblick mal“ strukturiert wie einen New-Wave-Song – man hat das Gedicht sofort mit Musik im Ohr. Jenes Gedicht gehört übrigens zu den ältesten in dieser Sammlung, es datiert auf das Jahr 2001; nur wenige sind älter (aus dem Jahr 2000). Sogar aus dem laufenden Jahr sind Texte enthalten; der Schwerpunkt liegt im Jahr 2023, und da schließt sich der Kreis zur Autobiographie: Die Gründe für die vermehrte innere und äußere Auseinandersetzung liegen in den Lebensumständen des Autoren.
Das Buch gibt’s natürlich in Orange. Wer Schepper kennt, weiß, dass es dazu keine Alternative gibt!
Der Dichter, der Dichter
sieht an’s Tunnels Ende Lichter
mit Melancholie brichter
und gute Laune krichter