Markus Reuter feat. Fabio Trentini and Asaf Sirkis – Truce <3 – Iapetus Media 2025

Von Matthias Bosenick (27.05.2025)

Das glaubt man gar nicht: Dieses Jazz-Rock-Fusion-Album mit dem herzigen Titel „Truce <3“ entstand ohne kompositorische Vorarbeit, schlichtweg aus dem heraus, was die drei Musikanten Markus Reuter an der E-Gitarre, Fabio Trentini am Fretless Bass und Asaf Sirkis am Schlagzeug miteinander im Studio generierten. Wenn man Leute zusammenschiebt, die etwas auf dem Kasten haben, klingt das Ergebnis nicht nur so, als wäre es beabsichtigt gewesen, sondern auch noch überraschend zugänglich, eingängig bald, trotz der herausfordernden experimentellen Anteile. Die können einfach was, und sei es auch nur, sich im geeigneten Moment zurückzuhalten.

Dieses bedauerlicherweise namenlose, extern indes als Truce bezeichnete Trio unterlässt es nämlich, über die Stränge zu schlagen. Die zehn Tracks sind strukturiert, nicht nur deshalb, weil Sirkis mit dem Schlagzeug zwar zurückhaltend, aber unfassbar lebendig durchgehend Takte angibt. Auf dieser Basis geben sich Trentini am Bass und Reuter an der Gitarre die Klinkenstecker in die Hand und vollführen ihre Akrobatik, ebenfalls in geordneten Rahmen, auch mit den Ausbrüchen, nie überfordert das Trio sich oder die Hörerschaft. Es fordert sie aber heraus, es gibt enorm viel zu entdecken, inmitten dieser vordergründig dem Ohr und dem Wohlbefinden schmeichelnden Jazz-Rock-Tracks.

Da der Bass ein bundloser ist, hat er einen sehr besonderen Sound; man kennt ihn unter anderem von Les Claypool. Trentini trifft die Noten, lässt sie aber abgleiten, schwingen, beugen, und verleiht ihnen damit Dynamik und den so entstehenden Sounds eine erweiterte Dimension. Und überhaupt immer wieder den Tracks einen Groove, insbesondere in Kombination mit dem immer wieder mal wahnwitzig um die geraden Beats herumklöppelnden Schlagzeug. Derweil stellt Reuter seine Gitarrenarbeit auf zwei Standbeine: Er kann schöne Melodien, wie man sie aus Prog Rock oder Fusion Rock kennt, und erschafft damit vertraute Stimmungen, aber er kann auch gniedeln, was der Jazz so einfordert, und tiriliert seinem Instrument die Seele aus dem Korpus und wieder zurück.

Und wie’s der Fachmann will, kommt bei diesem improvisierten Vorgehen nichts Unhörbares heraus. Die Experimente finden sachdienlich statt, etwa, um Stimmungen zu erzeugen und auszuleben, um mächtig zu grooven, um versunken zu gniedeln, um die Hörerschaft wahlweise zum Entspannen oder zum gespannten Lauschen zu animieren. Dafür wendet das Trio einen zusätzlichen Trick an: Es generiert Loops, die im Hintergrund quasi als viertes Bandmitglied durchlaufen und für zusätzliche Soundscapes, Drones oder Atmosphären sorgen. Auch hier kommt es nicht zur Überforderung, manche dieser Sounds verbünden sich mit der handgespielten Musik zu harmonischen, beinahe poppigen Sequenzen.

2020 spielte dieses Trio erstmals ein gemeinsames Album ein, das dem Projekt den inoffiziellen Namen gab: „Truce“. „Truce 2“ folgte 2022, und da das dritte Album die Freundschaft feiert, trägt es den um das Kleiner-als-Zeichen ergänzten Herz-Titel „Truce <3“. Für die drei ist es nicht die erste gemeinsame Zusammenarbeit, der Gitarrist brachte sie bereits 2020 in seinem einmaligen Projekt Markus Reuter Oculus unter. Zudem spielen Reuter und Sirkis auch bei den Doom-Metal-Jazzern Anchor And Burden. Sowie alle drei in zahllosen weiteren Projekten; so war Trentini vor um die 20 Jahren sogar Mitglied bei H-Blockx und Subway To Sally, man soll’s kaum glauben. Aber genau so beginnt dieser Text ja auch: Das glaubt man gar nicht.