Von Matthias Bosenick (07.07.2025)
Vom Opener sollte man sich nicht abschrecken lassen, wenn einem Härte und Melodien als Kombi nicht so sehr behagen: Maps And Foils aus Paris machen mitnichten Metalcore, dafür aber einen Hardcore, den sie so variantenreich darbieten, wie sie es vor 30 Jahren bei Refused lernten. „Nulle Part“ ist das dritte Album der zum Trio veränderten Band, die sogar nach noch weit mehr Leuten klingt. Hier gibt’s Tupfer von Industrial, Folk und Groovemetal inmitten des Gebrülls, und das kommt gut so.
Der etwas merkwürdige Popgesang im Einstieg „Après l’éclipse“ lässt befürchten, es hier mit Metalcore zu tun zu bekommen. Das Brett, in das Maps And Foils indes ihren Pop einbetten, ist geil: verfrickelt, auf die Zwölf, knackig. „L’or dans les autres“ fegt die Furcht vor zu viel Kitsch wieder weg, hier bleibt das Gebrüll. Und weil auch diese Band weiß, dass niemand die Volllast durchhalten mag, beginnt bereits „Dies Irae“, der Titeltrack der Vorab-EP, mit einem schleichenden Intro, in das sich schwerfällige Riffs schieben. Bis das Gebrüll wieder losbricht. Was dann an Melodien hinzukommt, verfeinert vielmehr die Atmosphäre, zum Glück. Eines der Saiteninstrumente legt zudem ein permanentes Knurren unter diesen und andere Tracks des Albums, das sorgt zusätzlich für ein aufregendes Unwohlsein. Das Stück wird noch richtig opulent, hier gelingt die Kombination aus Most und Harmonie schon mal so richtig gut. Ebenso in „Vacarne“, das balladesk beginnt, um doch wieder in noisigen Lärm überzugehen, jedoch ohne Tempoerhöhung, dies geschieht alles via Instrumenteneinsatz und Geschrei.
Man hört heraus, dass sich Maps And Foils bei „The Shape Of Punk To Come“ von Refused abguckten, den Hardcore variantenreich darzubieten. Es gibt etwa hier einen manipulierten Drumsound, dort ein nicht zu erwartendes Break, anderswo einen Strukturwechsel, der nicht traditionell in den Hardcore gehört, oder auch mal Elemente vom Groovemetal. So macht das Dranbleiben Spaß. Auf fällt, dass die Musik insgesamt recht hochtönend produziert ist, was den Effekt des Kreischens noch verstärkt.
Was noch fehlte in der Aufzählung, kommt in der zweiten Hälfte: Das Interludium mit dem kryptischen Titel „Death Of The Fly (1968-1955)“ ist eine Electro-Spielerei, die direkt zum nächsten Punkrocker „La mémoire“ überleitet. Danach folgt mit „Soudain, le néant“ abermals ein einminütiges Zwischenspiel, hier schon fast als Industrial angelegt. Weitere Abweichungen vom Hardcore beinhaltet der Hardcore-Brecher „Infernal“: Er beginnt wie ein französischer Folklore-Schunkler, der keinen Bock auf sein Genre hat und räudig wird; der Song beinhaltet dann streckenweise ein Flirren wie im Postrock, nur als Hardcore umgesetzt. Und dann kommt der epische Rauswerfer: Das achtminütige „Crépuscule“ beginnt mit Tribal-Drums, der einsetzende mehrstimmige Klargesang danach komm gut und geht natürlich in Gebrüll über. Eine kurze Folklore-Anmutung kehrt zurück, wie ein besoffener Seemannsgesang, und nach dem finalen Brett folgt ein harmonisch klimpernder Ausklang. Auf der CD-Version bekommt man mit „Innervision“ den einzigen Song, den es lediglich auf der Vorab-EP gibt, als Bonus: Es handelt sich um ein Cover von System Of A Down, das sich unauffällig passend in den Sound einfügt.
Wieder so eine Band, die nicht so klingt, als bestünde sie aus nur drei Leuten: Bassist Ewen Brunet, Schlagzeuger Lucas Lagravette sowie Sänger und Gitarrist Tristan Renet. Das war zu Beginn 2016 noch anders, da waren sie nur zu zweit, neben Tristan alias 33 nur Thomas Viveret alias TH. Die beiden starteten ihre Veröffentlichungen 2017 mit dem Debütalbum „#1“. Auf folgenden Releases waren sie dann zu viert, so auch auf dem zweiten Album „Less Is Mort“. Thomas ist nun nicht mehr dabei, umso mehr Luft zum Brüllen holen sich die verbliebenen drei Musiker hier.