Von Matthias Bosenick (25.09.2023)
„Club Copy“, das neue Mini-Album des in Berlin arbeitenden Belgiers Manu Louis (nicht Lovis), mag Popzitat sein, ganz wie es das Cover und die CD signalisieren, jedoch anders ausgerichtet: Nicht die Beatles oder Velvet Underground stehen Pate für seine Musik, sondern aktuelle Club- und Radioströmungen, und wer sich damit gar nicht auskennt, bekommt immerhin ein hübsches Electro-Werk kredenzt, angenehm im Downbeat angesiedelt, trocken produziert und mit Catchyness angereichert. Nur den Vocoder dürfte der Herr Louis gern ausgeschaltet lassen, die Songs ohne sind die besseren auf dem Album.
Die Synthies knarzen ganz angenehm, dieser Retro-Kniff ist ja heute wieder futuristisch. Louis beherrscht die Achtziger-Reminiszenzen ebenso wie den ebenso angesagten Electrofunk, der dem Trap die Tür offenhält. Louis arbeitet eher minimalistisch, seine Tracks bestehen aus trockenen Sounds, die er auch ohne satte Beats und üppige Flächen zu ausformulierten Songs zusammenfügt. Dabei hat der Mann weder Eile noch wird er ungeduldig, das unterscheidet seine Musik von vielen zeitgenössischen Auswüchsen, die mit allerlei Brimborium die Aufmerksamkeit der Streamer und Tiktoker auf sich ziehen wollen. Und das macht seine Musik so angenehm hörbar.
Seine Texte hält Louis auf Französisch und Englisch, und kombiniert mit der Musik erinnern manche Tracks an Magnus, das Projekt von dEUS-Sänger Tom Barman und Techno-Produzent C.J. Bolland, Landsleuten mithin. Sofern Louis nicht den Vocoder anschmeißt: Die entstellte Stimme verschandelt die Tracks einigermaßen, der Effekt steht unentschieden auf der Kippe zwischen Kunst und Cher und nervt eher, als dass er gefällt. Die saure Sahne auf der Kirschtorte.
Doch singt Louis auf „Club Copy“ nicht allein: Jazzsängerin Lynn Cassiers begleitet ihn zweimal und Héctor Arnau von der spanischen Band Las Victimas Civiles ist dreimal dabei, ebenso aus Spanien zweimal Vicente Arlandis; zusätzliche Beats steuert Diégo Bié zweimal bei. Den titelgebenden Faktor der Kopie erreicht das Cover mithilfe des abermals aus Spanien tätigen Künstlers Escif, dessen optischer „Abbey Road“-Remix in die musikalisch falsche Richtung führt, jedoch das Konzept Louis‘ aufgreift, das er lang und breit in der Info erläutert, kurz: Alle Orte der Welt sind identisch, überall die gleichen Läden und die Menschen in den gleichen Klamotten, die aus den gleichen Fabriken kommen und so.
Daher bedient sich Louis auch musikalisch im Gemischtwarenladen der Electrohistorie, vermengt Pop, Ambient, Offbeat, Hip Hop, Deep House und erstellt daraus ein kunstvolles, eingängiges und kopfnickbares Werk. Es soll, sagt der Artist, auf einem Remix beruhen: Das Brüsseler Duo Front de Cadeaux alias F2C bearbeitete im Jahr 2020 behutsam trötend Louis‘ sympathisch auf Französisch ausgesprochenen Track „Internet“, zu finden auf der 12“ „Cream Parade Remixes“ von Manu Louis sowie auf der Download-Compilation „Remixes“ von F2C. Unklar ist, warum davon die Rede ist, „Club Copy“ sei errichtet auf der Asche dieser Version, da fühlt man sich ja verkohlt, anlasslos.
Das Album ist kurz, trotzdem fehlen zwei vorausgegangene Singles: „Pizza Penkova“ und „Maleta con Ruedas de Turista Vegano“ sind nicht enthalten. „Club Copy“ ist Louis‘ drittes Album in sieben Jahren.