Von Matthias Bosenick (04.09.2016)
Der Mann kann nicht ohne Melancholie. Auch auf einem augenscheinlichen Sommeralbum wie „Banana Holiday“ dringt sie aus fast allen Liedern. Daran ändert auch die dreijährige Pause seit dem Vorgängeralbum „Der Masterplan“ nichts: Krüger bleibt seiner Grundstimmung treu. Musikalisch unterscheidet sich „Banana Holiday“ stark vom Vorgänger: Das Album klingt im Schlagwerk synthetischer, die Gitarren tragen nicht mehr die Vorliebe für rockigen Britpop im Sound. Zu diesem Sommeralbum würden sich Hedonisten aufhängen, für sensible Gemüter hingegen ist es erheiternd und stimulierend. Ein bemerkenswerter Hybrid also.
Im Vorfeld der Veröffentlichung raunten sich Eingeweihte zu, dass sich Krüger auf „Banana Holiday“ auf seine Nonsens-Wurzeln zurückbesinnen wolle. Diese liegen im brillanten Trio Die Trottelkacker und in ersten Solosongs wie „Gyrosernte in Griechenland“ oder „Penisversteifung am Badestrand“ vom Debüt „Sprechen hier von Suppe“ aus dem Jahr 2001. Doch Krüger brach schon beim nächsten Album mit dem programmatisch die Melancholie entlarvenden Titel „Wie kann ich unbemerkt verschwinden?“ mit dem vordergründigen Witz. Das dritte Album „Der Masterplan“ wirkt in diesem Zusammenhang wie der Versuch, die Gemütslage aus der Musik herauszuhalten; vergeblich, denn es lässt sich nicht betäuben, das sagt auch das Gelehrtenwissen, und so ist „Banana Holiday“ die logische Folge: Hier lässt Krüger die Melancholie zu und nimmt sie mit auf einen alternativen Lebensweg.
Die Bananenferien erinnern in ihrer Stimmung an Strandlieder aus den Fünfziger- bis Achtzigerjahren; auch die „Copa Cabana“ und „Zabadak“ tragen eine die stumpfe Party verneinende Schwermut in sich. Das erkennen vielleicht eher Hörer, die ähnlichen Gemüts sind. Wer einfach nur feiern will, wird sich an „Banana Holiday“ langweilen, dem Rest bietet Krüger den passenden Eskapismus an. Sicherlich wird es in „Frutti di mare“ beinahe so albern wie früher, aber ein Song wie dieser ist eher die Ausnahme. Vielmehr verlegt sich Krüger aufs Liegen und greift damit inhaltlich auf „Der Masterplan“ zurück: Was sich dort noch in „Seifenblasen“ ankündigte, legt sich hier in „Hängemattennachmitage“, „Wattewolken“, die „Chill-Out Zone“ (sic), das „Scheißegal Gefühl“ (wieder sic) und in eine Mahnung an sich selbst: „Nur nichts überstürzen“.
Es rockt nicht mehr auf „Banana Holiday“, Krüger schlägt dezente Töne an. Sein Schlagzeug klingt latent künstlich, die anderen Instrumente nicht: Das passt gut zusammen und zum Thema. Der Multiinstrumentalist spart nicht mit seinen Fähigkeiten, protzt damit aber auch nicht. Er ist ein vortrefflicher Arrangeur und kreiert griffige Gitarrenlicks, Harmonien und Melodien. Das Album bleibt schnell im Ohr hängen. Sein Groove braucht kein Tempo. Einmal, der Kenner entdeckt das sofort, schillert auch Krügers Mitgliedschaft bei den Stoner-Rockern Grass Harp durch. Und die wollen nächstes Jahr wieder konzertieren, das als grandiose Information am Rande.
Ein feines Solocomeback also, das Krüger kredenzt. Die CD schob er dafür eigenhändig in ein hübsches Pappklappcover; sieht edel aus und passt zum Inhalt. Lasset die Sonne auf uns niederbrutzeln, die Wolken sind uns jetzt mal näher als der Alltag.