Von Matthias Bosenick (29.11.2021)
Von der Pandemie zu Pandemonium ist es nicht weit: Der Grund, diesen Mitschnitt als CD oder LP zu veröffentlichen, dürfte darin zu finden sein, dass es während der Coronazeit keine Auftrittsmöglichkeiten und also keine Einnahmequellen gab. Machen ja dieser Tage viele Bands und Musiker so, also gibt’s nun einen Gig von Killing Joke aus dem Vorprogramm von Tool während der gemeinsamen Tour in den USA. Interessant sind weniger die Versionen oder der Sound als vielmehr die Zusammenstellung, die auch in nur neun Songs fast 40 Jahre abdeckt. Ansonsten ist dies nur für Komplettisten, die drölfzigste Liveplatte der Erfinder von Postpunk, New Wave, Industrial und Goa.
Glaubt man dem Internet, lässt diese Liveplatte den Opener des Auftritts aus: „Butcher“ steht dem Gig voran, der Mitschnitt beginnt erst beim folgenden „Tomorrow‘s World“. Was schade ist und die Frage aufwirft, warum es dann trotzdem unbedingt dieses Konzert sein musste und nicht ein anderes, dafür vollständig. Wie auch immer: Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 24. November 2019, spielten Killing Joke für und vor Tool in der PNC Arena in Raleigh, North Carolina. Verdrehte Rollen, möchte man meinen, aber in den USA haben Toll einfach einen Heimvorteil und Killing Joke eher die Ehre, hier den Anheizer geben zu dürfen. Und das machen sie gut, wie immer.
Seit der Reunion in Originalbesetzung 2008 ist der Sound von Killing Joke heavier und sind die Songs gleichzeitig hymnischer geworden. Das verdeutlicht die Setlist recht gut, die aus den monotoneren frühen Songs ebenso besteht wie aus den mehr auf Metal gepolten Stücken der Neunziger und dem späteren Werk; die beiden selbstbetitelten Alben von 1980 und 2003 sind überproportional vertreten. Bemerkenswert ist, dass sie ihren Hit „Love Like Blood“ sogar auslassen; der ist nicht erforderlich, um das Tool-Publikum zu überzeugen. An die komplexen Prog-Sachen des Hauptacts biedern sich Killing Joke ebensowenig an, sie bleiben ganz bei sich. Hits sind hier abseits des größten dennoch drauf, „Eighties“, „Loose Cannon“ und auch „Pandemonium“ aus der Zeit zwischen den Originalbesetzungen, richtig neue von seit der Reunion dafür keine.
Der Sound ist okay, aber nicht herausragend. Bei der Vielzahl an Livealben von Killing Joke ist hier eben tatsächlich die Zusammenstellung spannender, selbst in der Kürze des Auftritts. Je nach Zählung dürfte dies das 17. Livealbum von Killing Joke sein, da hat man also eine Wahl; letztlich ist „Total Invasion“ ein Filtrat der beiden Alben „Laugh At Your Peril“. Wer sich also nicht gleich für mehrere Stunden am Stück Killing Joke live aus der Konserve geben will, greift einfach hierzu.
Tracklist:
00 Butcher (von „What’s THIS For…!“, 1981)
01 Tomorrow‘s World (von „Killing Joke“, 1980)
02 Eighties (von „Night Time“, 1985)
03 Seeing Red (von „Killing“ Joke“, 2003)
04 Complications (von „Killing Joke“, 1980)
05 S.O.36 (von „Killing Joke“, 1980)
06 Total Invasion (von „Killing Joke“, 2003)
07 Loose Cannon (von „Killing Joke“, 2003)
08 The Wait (von „Killing Joke“, 1980)
09 Pandemonium (von „Pandemonium“, 1994)