Von Guido Dörheide (04.09.2025)
Jahaaa – hihi – nach Taylor Swift mit den überaus berechtigten Neuwiedereinspielungen ihrer alten Alben als „Taylor’s Version“ schickt sich nun also auch John Fogerty an, sich nicht zu entblöden, eine Neueinspielung der alten Creedence-Clearwater-Revival-Songs mit „John’s Version“ zu betiteln. Fogerty hat aber ebenso berechtigte Ansprüche wie Swift – der Krieg um die Rechte an den alten CCR-Aufnahmen zog sich über Jahrzehnte –, und nun spielt John Fogerty eben alte Straßenfeger neu ein, begleitet von seiner Familie und ein paar anderen Musikern. Und das macht er in ganz hervorragender Art & Weise.
Bereits bei „Up Around The Bend“, dem ersten Stück auf „Legacy“, fällt mir auf, dass John Fogertys Stimme in den nunmehr 51 Jahren nach Auflösung der Band nicht gelitten hat – der alte Meister klingt immer noch so rauh, kratzig und aggressiv wie um 1970 herum. Damals hat er mit seiner Band, den legendären und niemals totzukriegenden Creedeence Clearwater Revival (mal ehrlich – wie schafft man es, sich mit so einem in höchsten Maße bekloppt klingenden Bandnamen einen Platz in der Musikgeschichte zu sichern – schietegohl, Fogerty hat es hinbekommen) ähnlich viele Nummer-Eins-Hits wie die Beatles zustandebekommen, und das, obwohl CCR nicht mal halb so lange aktiv waren, von den Stones mal ganz zu schweigen.
Nach Auflösung von CCR hat Fogerty seit 1973 in immer größer werdenden Abständen Soloalben herausgebracht, deren größtes wohl das 1984er Werk „Centerfield“ war. Neun Jahre zuvor hat er auf dem selbstbetitelten Album „John Fogerty“, das genauso heißt wie der Künstler, aber keinen Song enthält, der diesen Namen trägt, ein Stück veröffentlicht, das seitdem verdienterweise Musikgeschichte geschrieben hat, namlich „Rockin’ All Over The World“, dem die britische Band Status Quo unverdientermaßen ihren Weltruhm zu verdanken hat, denn Quo haben wunderbare Songs aus eigener Feder in ihrem Kanon zu stehen, aber Wurscht, Quo sind „Rockin’ All Over The World“, ebenso wie „Proud Mary“ (Rolling, rolling, rolling on the River) immer ein Tina-Turner-Song bleiben wird.
Und jetzt geht Fogerty also bei und spielt seine alten Songs nochmal neu ein, und dabei weicht er kaum von den Originalversionen ab. Was nicht schlecht ist, denn seine Stimme klingt immer noch so wie damals, so wütend, so rauh, so zärtlich, je nachdem, wie es zu dem jeweiligen Song passt. Und da Fogerty damals auch unabhängig von allen anderen Bandmitgliedern immer der alleinige Chef war und notfalls auch mal alle Instrumente alleine eingespielt hat, hört man hier auch größtenteils raus, dass es immer wurscht war, wessen Revival Creedence Clearwater seinerzeit gefeiert hat, Hauptsache John Fogerty. Genau, John Fogerty.
Die Songauswahl ist dagegen über jeden einzelnen verdammten Zweifel erhaben, außer dass „Heard It Through The Grapevine“ fehlt. Wobei das natürlich auch kein originärer CCR-Song ist, aber ein umso wichtigerer, zumal ich erst dadurch (knapp zwölf Minuten auf Radio 21!!!) zum Fan der Band wurde. Aber – was ich begrüße – „Lodi“ ist mit von der Partie, und das begrüße ich. „Oh Lord, stuck in Lodi again“ – das ist Wasser auf die Mühlen eines geborenen Gifhorners, also einem natürlichen Einwohners der Stadt des internationalen Mühlenmuseums. Einen apseluten Hammer finde ich „Bootleg“ – zum einen, weil es ein tolles Lied ist, und zum anderen, weil ich es bisher nicht in meiner CCR/John-Fogerty-Sammlung hatte. John schrammelt sich einen ab und spielt außerdem tolle Solo-Parts, singt in seiner wundervoll krachigen Art und macht das so lässig, als ob sowas heute immer noch State of the Art wäre. Die Instrumente klingen dabei ebenfalls, als wären sie durch ein Zeitportal aus den späten 1960ern in unsere Zeit herübergestolpert – Obacht, dass niemand auf ein Fliege tritt.
Die beiden Songs „Don’t Look Now“ und „Have You Ever Seen The Rain“ wurden in den 1980er Jahren von den Punk-Legenden The Minutemen gecovert, beide sind hier vertreten und sie klingen, als ob hier ein verdienter Veteran der elektrischen Folk-Musik eine Punkband der 1980er Jahre covert. Wenn sich das nicht frisch und zeitgemäß anhört, dann weiß ich auch nicht. Und dann „Long As I Can See The Light“ – liebe Leute der heutigen zeitgenössischen Musik: Soo hört sich eine kratzende, zerrissene und dennoch dominante und präsente Stimme an – so war das schon zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1970 und so ist es auch noch heute. Und mit einem tollen Saxofon bringt Fogerty hier mal ausnahmsweise was Neues rein, das es im Original so nicht gab. Hernach bringt Fogerty mit den CCR-Gassenhauern „Down On The Corner“, „Bad Moon Rising“, „Travelin’ Band“, „Green River“ und „Fortunate Son“ (das „The Red, White And Blue“ so richtig kacke dastehen lässt) das Album würdevoll zu Ende und es ist eine Freude, diese wundervollen Weisen der ausgehenden 1960er und beginnenden 1970er Jahre hier nochmal zu hören.
Die Frage, die sich stellt, ist, von aller Freude der Erkenntnis von dem Umstande, dass John Fogerty immer noch in der Lage ist, mit seinen alten Erfolgsschlagern einen veritablen Sturm des Mitwippens und Kopfnickens hervorzurufen, vollkommen ungetrübt: Brauchen wir das? Oder reicht es nicht vollkommen aus, uns die alten CCR-Alben in remasterter Version anzuhören? Und meine Antwort lautet: Ja, unbedingt! Wir sollten uns unbedingt vergewissern, dass der Urheber dieser großartigen Musik immer noch in der Lage ist, diese ebenso mitreißend darzubieten in der Lage ist wie dazumal.
Das dargebotene Material weicht zugegebenermaßen kaum von den Originalen ab, mit den zuoberst angemerkten Unterschieden. Aber wir hören hier einen John Fogerty, der sich sein altes Material zurückerobert und dabei den alten Zauber aufs Neue entfacht. Hey, Scheiße, er ist noch da, und er ist gut, und seine Stimme tritt uns in den Arsch! Was wollen wir mehr?
Für mich ist „Legacy“ ein willkommener Anlass, mich mal wieder mit dem Werk von CCR auseinanderzusetzen und dabei auch noch mit dem gesamten Solowerk von John Fogerty von 1973 bis 2020.
Und daher möchte ich daran erinnern, dass es Fogerty war, der im Jahr 1975 den Welt-Klassiker „Rockin’ All Over The World“ veröffentlicht hat, der kurz später die Weltkarriere der über alle Maßen bezaubernden englischen Band Status Quo erst ermöglichte. Und hier unser Gewinnspiel: Wer mir als erster den Namen des Bassisten aus der Gründungsformation von Status Quo mitteilt, bekommt von mir per Post eine Flasche Altenauer Bieres frei Haus und bar jeder Versandgebühr.
Fazit: „Legacy“ ist gut. „Legacy“ zeigt, dass John Fogerty es immer noch drauf hat und „Legacy“ macht Lust auf ein erneutes Wiedereinmalanhörens des ehrwürdigen CCR-Materials. Was „Legacy“ nicht kann, ist, dem alten Material neue Aspekte anheimzugeben. Aber Wurscht, das Album ist wundervoll.
Wer nun unbedingt dem Werk von CCR und John Fogerty neue Seiten abgewinnen will, dem sei „50 Year Trip – Live At Red Rocks“ aus dem Jahr 2019 auf das Wärmste anempfohlen: Schon auf dem Opener „Born On The Bayou“ bricht sich mehr Psychedelik Bahn als auf jedem wurschtbeliebigen Stück von CCR, „Lookin’ Out My Back Door“ entwickelt dank des schonungslosen Einsatzes des Schifferklaviers ungleich mehr Schmiss als das Original, und außerdem wartet das Album mit einer wenn nicht elfminütigen, dann doch zumindest mehr als achtminütigen Version von „Heard It Through The Grapevine“ auf, mit Urwaldtrommeln und schööön jazzigem Klavier.
Und, hier muss ich dann doch noch meiner Enttäuschung Ausdruck verleihen: Während Fogerty sich auf „50 Year Trip“ bei einem der berühmtesten CCR-Stücke im vorletzten Refrain nicht entblödete, „There’s a bathroom on the right“ zu singen, belässt er es auf „Legacy“ beim ursprünglichen „There’s a bad Moon on the Rise“. Und Robin fragt sich: „Bruce, was ist überhaupt ein Hroom?“