Von Matthias Bosenick (14.11.2015)
Der zweite Asterix-Band unter neuer Autorenschaft ist sogar noch besser als der Vorgänger. Wer hätte das gedacht. Jean-Yves Ferri und Didier Conrad greifen den alten Geist der Erfinder Uderzo & Goscinny auf und transferieren ihn in die Gegenwart, ohne Federn zu lassen. Die Zeichnungen sind von denen Uderzos nicht zu unterscheiden, die Geschichte ist schlau und die Übersetzung funktioniert auf klassische Weise. Großartig gemacht. Im Mittelpunkt steht eine Art Cäsarleaks, das zwar Anspielungen auf moderne Kommunikationsmittel und politische Themen mitbringt, aber dennoch zeitlos funktioniert. Ganz großes Comic.
In dieser Geschichte behandelt Cäsar in seinem Buch-Debüt „Anmerkungen zum Gallischen Krieg“ auch ein Kapitel über die Unbeugsamen, wie die Gallier um Asterix bei den Römern genannt werden, und dass er ihretwegen nicht ganz Gallien besetzt hat. Sein Berater rät ihm jedoch, dieses Kapitel wegzulassen, um nicht blöd dazustehen. Jedoch schmuggelt einer der numidischen Schreiber eine Kopie aus dem Palast und spielt sie einem gallischen Kolporteur zu, der aussieht wie Julian Assange und den Papyrus den Unbeugsamen bringt. Der Berater bekommt Wind davon und nimmt die Fährte auf. Während Asterix, Obelix und Miraculix den gallischen Weg einschlagen und einen dafür eingesetzten Druiden im Karnutenwald den Text auswendig lernen lassen, damit er ihn nach alter Tradition seinen Nachfolgern weitererzählen kann, belagern die Römer das gallische Dorf, in dem sich der Kolporteur noch aufhält.
Die Verwicklungen sind typisch für die alten Asterix-Geschichten. Ebenso typisch ist, dass sich die Handlung mit ihren Gags an einem Thema entlanghangelt und diesen Pfad stringent einhält. Das hat Uderzo allein zuletzt nicht mehr geschafft. Hier gibt es haufenweise Anspielungen an Whistleblower und moderne Kommunikationstechnik: Tauben dienen der Kurznachricht-Übertragung, es gibt Verteilerstationen und auch mal das Problem eines vergessenen Anhangs sowie das der Informationspiraterie. Dabei verzichtet der Text auf zeitgenössisches technisches Vokabular, das in zehn Jahren niemand mehr verstehen würde; er hätte sich gewiss genau so auch ohne die modernen Querverbindungen schon 1975 lustig finden lassen.
Nicht minder einfallsreich ist das Autorengespann bei den Randgags. Das missverstandene Horoskop sorgt für unerwartete Handlungsweisen bei einigen Galliern, Obelix‘ „Konflikt“ dringt immer wieder ins Geschehen und die Krönung ist die Tarnungsszene der Römer rund um den Wortstamm „Nadelbaum“, bis hin zu Floskeln wie „verzapft“ und „das ficht mich nicht an“. Auch das ist klassischer Asterix. Ebenso leider das Zerfasern gegen Ende, wenn noch Seiten übrig sind und die Handlung mit einem Kampf gefüllt wird. Aber das ist nicht so schlimm. Umso versöhnlicher ist die Pointe, was aus dem von Mund zu Ohr kolportierten Druidenwissen so wird.
Mit diesem Band empfiehlt sich das Autorenduo besonders bei den alten Fans. Neue zu gewinnen ist mit altgehaltenem Zeug ja nicht so einfach, es sei denn, man lässt es im Kino von Hollywoodnachwuchs spielen und mit Special Effect so sehr aufblähen, dass die Charakteristika verschwinden. Darauf – in zeichnerischer Sicht – verzichtet man dankbarerweise. Jetzt könnte man von obsoletem Retroscheiß anfangen, aber die Versuche, zeitgenössisch zu sein, sind bei Asterix ja bislang gescheitert. Also kann man hier feststellen, dass die Autoren alles richtig gemacht haben.