Itsi Bitsi (Steppeulven) – Ole Christian Madsen – DK 2014

Von Matthias Bosenick (04.11.2015)

Puh. Ambivalent ist das Mindeste, was man über den international auf „Itsi Bitsi“ getauften Film „Steppeulven“, also „Steppenwolf“, sagen kann: Er zeigt die Geschichte von Eik Skaløe, einem Dänen, der in den Sechzigern Teil der Gegenkultur war und sich nach nur einem, aber in seiner Heimat gefeierten, Album „Hip“ seiner den Originaltitel gebenden Band umbrachte. Als Blick in die Verhältnisse wäre „Steppeulven“ sicherlich gut gewesen, doch verlegt sich Regisseur Ole Christian Madsen leider darauf, plakativ und oberflächlich den Dreisatz aus Sex, Drogen und Rock’n’Roll abzubilden. Dabei bedient er sich ausschließlich althergebrachter filmischer Klischees, und es gelingt ihm dabei zu allem Überfluss, gleichzeitig stressig zu erzählen und keine Inhalte zu liefern. In Dänemark scheint der Film jedoch funktioniert zu haben; dafür gibt es wohl plausible Erklärungen.

Wer die Band und die Geschichte nicht kennt, muss sich auf den Film einlassen, wie er sich darstellt. Und das ist schwierig. Eik verliebt sich noch im Knast in Iben (Spitzname „Itsi Bitsi“), die er dem Agitatoren Carsten ausspannt. Der Film handelt nun davon, wie Eik erfolglos versucht, Iben an sich zu binden. Nach jedem Rückschlag fragt man sich umso dringlicher, was er überhaupt an ihr findet, und begreift umso mehr, warum seine Gefühle nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Bis zur Selbstaufgabe rennt er seiner eigenwilligen Flamme nach und gebiert sich dabei wie ein Forrest Gump auf einem Trip. Inkonsequenterweise entzieht er sich Iben immer dann, wenn sie ihn ernsthaft braucht. Tja. Kein Mitleid, keine Identifikation, keine spannende Unterhaltung.

Der Film ist tatsächlich dreigeteilt: Zuerst begleitet man das Paar dabei, bisweilen als Trio in der Welt unterwegs zu sein und in abwechselnden Konstellationen zu vögeln. Im Mittelteil sind alle auf Drogen, im letzten Drittel ist Eik plötzlich ein Popstar und Iben beim Theater. Jede Sequenz wiederholt ihre Details bis zur Redundanz, aber das in einem Tempo, dass man den Figuren nicht nahekommt. Der Betrachter hat es längst verstanden: ficken, ficken, ficken, dann Drogen, Drogen, Drogen, dann Mucke, Mucke, finale Abfuhr, Feierabend. Startet der Film zunächst noch selbstanalytisch in der Gegenbewegung, verliert er fortan jeden Tiefgang. Angeblich schrieb Eik Iben ständig Briefe, die sie tatsächlich posthum als Buch veröffentlichte, also muss er ja irgendetwas zu sagen gehabt haben, aber in den Film schafft es dies nicht. Die bessere Variante wäre gewesen, jedes Drittel nur einmal zu erzählen, dann aber ausformuliert.

Visuell leistet sich Madsen kaum Bemerkenswertes. Sexszenen mit steifen Gliedern kennt man aus Dänemark bereits seit mindestens 20 Jahren, seit „Idioterne“ von Lars von Trier. Verzerrte Bilder als visualisierter Drogenrausch sind spätestens mit „Fear And Loathing In Las Vegas“ abgefrühstückt, einzig die Stubenfliegenpassage hat einen halben Witz. Zuletzt gerät Eik auf Bühnen und rockt mit polizeilich observierten Drogenbotschaftenauf viel zu hellen Bühnen.

Sicherlich gibt es hin und wieder etwas zu lachen, doch bedient Madsen zumeist Pennälerhumor, mit den ewigen nackten Hintern beim Rammeln oder dem Kifferabitur. Leider lässt einen Eik kalt, der vom vermeintlichen Weltverbesserer über die Selbstaufgabe letztlich doch zum Egomanen wird. Da nimmt es Wunder, dass der Mann in Dänemark so gefeiert wird. Dafür, dass es dem Film dort genauso geht, gibt es nachvollziehbare Gründe: Die Hälfte der Dänen war jung damals, steht zu vernehmen. Sie fühlen sich an ihre eigene Jugend erinnert und feiern die Verklärung. Einen kritischen Blick auf das Gezeigte bietet weder Madsen noch das Publikum, anscheinend.