Hypostase – Anomalie-N – Ternär Records 2025

Von Matthias Bosenick (17.11.2025)

Kombiniert man Techno und Gitarre, kommt dabei heraus: die US-Idee von Industrial, möchte man annehmen. Doch Alexander Paul Dowerk aus Berlin geht unter seinem eigens ins Leben gerufenen Alias Hypostase anderen Ideen nach, indem er nämlich mit der Elektronik Atmosphären generiert, die nicht einem Four-to-the-Floor-Beat folgen, sondern gebrochen und dunkel daherkommen, und in dem er die Gitarre nicht via Riffs darin einbaut, sondern abermals auf die düstere Stimmung auslegt. „Anomalie-N“ empfiehlt sich Freunden von Mirrors For Psychic Warfare und Absent In Body.

Dowerk selbst spricht von Techno und Industrial und Metal, auch von Progressive, und selbst wenn man all die Zuschreibungen kombiniert, kommt man nicht auf das, was „Anomalie-N“ tatsächlich bietet. Denn Dowerk verzichtet auf klassische Strukturen, er meidet das Gewöhnliche, das ein vor 30 Jahren noch ungewöhnliches Genre wie dieses entwickelte, und sucht sich eigene Ausdrucksformen. Sein Techno ist keiner, es ist nicht einmal EBM, selbst ein monoton-stumpfer Industrial lässt sich hier nicht heraushören. Seine getaktete Elektronik zerbricht Dowerk, generiert aus ihr einen eigenen Fluss, dessen gebrochene Beats bereits den Sound ergeben, als sei so etwas wie Melodien gar nicht nötig.

Diese elektronisch basierten Soundscapes dehnt Dowerk aus, er lässt sie zwischen fünf und zwölf Minuten lang stattfinden, erzeugt damit unterschiedliche Arten von Düsternis, Beklemmung, Missmut, lässt sie sich entwickeln. Und dann packt er ganz unvorhergesehen seine Gitarren aus. Doch spielt er auf denen keine Riffs oder Licks, sondern ergänzt die Atmosphären um passende Sounds, die an mancher Stelle sogar an den Djent von Meshuggah erinnern. Damit das Ganze aber dennoch den Industrial-Anspruch erfüllt, rasselt Dowerk zwischendurch mit Ketten und anderen Metallgegenständen, indes abermals nicht so, dass es direkt ins Ohr springt, sondern in die Tracks eingebunden.

Das hier ist also mitnichten Einstürzende Neubauten, The Young Gods, Nine Inch Nails oder gar Ministry, das hier ist vielmehr die düstere Industrial-Gitarre-Version, die auch Absent in Body oder Mirrors For Psychic Warfare zum Besten bringen. Damit generiert Dowerk eine Schwärze, der man die Tiefe bereitwillig abnimmt. Dowerk gehört zur Band Anchor And Burden und somit zum näheren Umfeld der Szene um Markus Reuter und Bernhard Wöstheinrich. Mit „Anomalie-N“ setzt er sein Projekt Hypostase neu auf die Landkarte der experimentellen extremen Musik.