Von Matthias Bosenick (17.06.2020)
Seine persönlichen Betrachtungen zur elektrisch verstärkten Gitarrenmusik bündelt Frank Schäfer in diesem Bändchen der neu ins Leben gerufenen Edition Kopfkiosk des Verlags Andreas Reiffer. Eben dieses Persönliche macht die Lektüre so reizvoll, denn nicht nur seine gefühlten Tatsachen, sondern auch seine historischen Nacherzählungen offenbaren seine subjektive Gewichtung, etwa in den Auslassungen. Man kennt ja seinen Pappenheimer, und man feiert diese eigens aufgehübschten Essays für ihren vertrauten Zungenschlag. Man liest ihn einfach gern, den Schäfer, und hat dabei stets seine charakteristische Vorlesestimme im Ohr.
Alles, so stellte Schäfer beim Kompilieren dieser Texte fest, steuerte darauf hin, dass vor über 40 Jahren der Heavy Metal erfunden wurde, gar werden musste. Da jeder Schäferkenner weiß, dass es in seinem Plattenschrank keine anderen Götzen gibt, dreht sich auch in diesen Texten alles um Stromgitarren und harte Musik. Da dringt das Persönliche am deutlichsten Durch: Es gibt gar nicht so etwas wie Nicht-Metal, und wenn doch, dann nur, weil es älter ist und dem Metal den Weg ebnete. Seine Sicht ist mithin so verzerrt, wie er die Gitarren liebt, und das sei ihm gegönnt, schließlich hat man seine helle Freude an der Lektüre und nimmt dem Spitzbuben das Augenzwinkern mitgrinsend ab.
Mal sind es die Inhalte, mit denen Schäfer diebisches Gelächter auslöst, etwa bei der Betrachtung der Diskrepanzen zwischen Metal und Christentum, und ansonsten ist es seine Art, zu fabulieren, Redewendungen zu generieren, anspruchsvoll flapsig zu sein, geschickt zu argumentieren, mitreißend zu schwärmen, womit er dem Leser trotz möglicherweise auch mal abweichender Meinung mehr als nur ein Nicken abringt, ein headbangendes zumeist. Das Büchlein beginnt konsequenterweise mit einer Abhandlung über die Entwicklung der Gitarre zur Stromgitarre inklusive der ersten wegweisenden Nutzer vom Blues ausgehend und endet bei den oftmals übersehenen deutschen Rockern Franz K. und Hannes Bauer.
Dazwischen handelt Schäfer überaus kenntnisreich sowie mit ebenjenem subjektiven Blick und erhellenden Abschweifungen historische Ereignisse ab, erzählt aus den Leben von Mick Jagger, Led Zeppelin, Rory Gallagher, Hawkwind, Judas Priest und selbstredend AC/DC, deren Betrachtungsüberschrift gleich den Buchtitel stellt. Außerdem analysiert er den Mythos Woodstock bis hin in die Jetztzeit und interviewt Uli Jon Roth. Samt und sonders uralte Themen also, ideal für Zeitzeugen, um sich zu erinnern oder ihre Wahrnehmung an Schäfers abzugleichen, und für Neueinsteiger und Spätgeborene, um sich Recherche zu ersparen und die Einordnung in einen Kontext abgenommen zu bekommen. Und das auch noch bestens unterhalten, weil und obwohl Schäfer nicht davor zurückscheut, auch mal mit populären Ansichten zu brechen und damit Anlass für Diskussionen zu geben. Und dem Leser ausdrücklich klarzumachen: Es gibt gar nicht etwas anderes als den Heavy Metal.