Von Matthias Bosenick (21.01.2017)
Wenn auch im noch so freien Jazz alles seit 75 Jahren weitgehend auserzählt ist, gibt es wie in jedem Genre immer noch die Möglichkeit, dadurch etwas Neues zu kreieren, indem man ein Kreuzüber anzettelt. Im Jazz heißt das Fusion und beim Pianisten Dwiki Dharmawan heißt das, dass er musikalische Einflüsse aus seiner Heimat Indonesien integriert. In London scharte er für sein zweites Album haufenweise versierte junge Leute aus seiner alten und neuen Gegend um sich und ließ sie entspannt und gleichzeitig verfrickelt herumgrooven, indem sie Vertrautes und Fremdes progressiv durcheinandermixten. Klewer!
Die Basis für diese 100 Minuten Musik bildet die Triokonstellation Piano-Schlagzeug-Bass, doch Dharmawan holte noch einen ganzen Stoß weiterer Musiker dazu, die zumeist indonesische Instrumente, aber auch klassische Westliche bedienten, etwa die Klarinette oder das Saxophon. Ein Gamelan-Orchester erweitert den westlich geschulten Musikhorizont: Dabei handelt es sich um die historische indonesische Orchesterbesetzung, mit Gong, Bambusflöte, Xylophon und exotischen Streichinstrumenten. Dominant ist hier natürlich das Chefinstrument; Dharmawan fliegt über die weißen und schwarzen Tasten wie weiland die Großmeister des Jazz, verlässt die klare Melodie, neigt ins Schräge, passt sich nur widerwillig dem Grundrhythmus an, findet doch wieder zurück zum Ausgangsthema und lässt dann gern dem Rest der Bande den Raum, sich auszutoben.
Trotz der indonesischen Einflüsse erinnert man sich beim Hören bisweilen auch an westliche Künstler: an Magma etwa, an Frank Zappa, an Thelonius Monk, an Keith Jarret. Lustigerweise covert Dharmawan „Forest“ von Robert Wyatt, den man sonst nicht zwingend herausgehört hätte. Weitgehend bleibt Dharmawan aber bei sich selbst, erschafft still pluckernde Tracks mit galoppierendem Piano, wild wuchernde Stücke mit einem erfrischenden Durcheinander an Improvisationen, krude Experimente und entspannende Chillout-Passagen.
Dieser Abwechslungsreichtum ist es, der das ganze lange Album so besonders macht. Man hat keine Chance, in ein abgelenktes Nebenbeihören zu verfallen. Die Musik fordert, zudem schürt sie die Neugier auf das, was da noch kommen möge. Versiert, unpoppig, deep und speziell: „Pasar Klewer“ ist eine angenehme Überraschung. Nix für hippe Kaffeehäuser.