Von Matthias Bosenick (17.01.2013)
Alles rund bei Quentin Tarantino, alte und neue Liebhaber seines skurrilen Humors, seines film- und musikhistorischen Wissens, seiner visuellen Ausdruckskraft, seines Geschichtenerzählens und seiner Dialoge bedient der Regisseur auch in seinem neuesten Genre-Crossover bestens. Dieses Mal mixt der blutrünstige Berserker das 70er-Jahre-Blaxploitation-Kino mit dem Western. Wie schon „Inglorious Basterds“ ist auch „Django Unchained“ erwachsener als die Werke davor; beide Filme eint zudem, dass Tarantino in ihnen historisch und politisch inkorrekt mit menschenverachtenden Systemen aufräumt. Und erneut strickt Tarantino seinen Blutreigen um den wortgewandten Christoph Waltz – allein die Eröffnungssequenz lohnt den Gang ins Kino.
Die Handlung des Films ist sehr schnell erzählt: Waltz als deutscher Kopfgeldjäger Dr. King Schultz befreit den Sklaven Django, weil der ein gesuchtes Verbrechertrio für ihn identifizieren soll. Schultz behandelt Django nicht wie einen Sklaven, sondern wie einen Partner, und willigt ein, ihm bei der Suche nach dessen verkaufter Ehefrau Broomhilda zu helfen. Die einzelnen Stationen sind schnell erreicht, die Farm mit dem Ganoventrio ebenso wie die mit Broomhilda. Da wundert man sich als Zuschauer, wie Tarantino damit zwei Stunden und 45 Minuten Filmzeit vollbekommen will, und sollte sich doch auf dessen Einfallsreichtum verlassen: Er füllt die Zeit mit Finten und – wie früher – mit spannungsgeladenen Dialogen, nur heute nicht mehr so stark auf Coolness abzielend, sondern die Geschichte voranbringend.
Dieses Mal verschwinden die anderen Darsteller nicht so stark hinter dem wortgewandten Christoph Waltz. Der an sich unsägliche Leonardo Di Caprio überzeugt als abstoßender Sklavenhändler, Jamie Foxx als wortkarge Hauptfigur („Django – das D ist stumm“ ist schon jetzt das Zitat des Jahres), Samuel L. Jackson als rassistischer Schwarzer, und wie üblich verpflichtete Tarantino wieder vergessene, teilweise peinliche Ex-Stars, dieses Mal taucht etwa Don Johnson als verwahrloster Sklaventreiber auf, und selbst Franco Nero, der Ur-Django, soll irgendwo zu sehen sein. Auch der Meister selbst hat eine kleine Rolle – und darin einen bombastischen Tod. Waltz spricht hier eine so gestelzte und wohlformulierte Sprache, wie man sie sonst kaum bis gar nicht mehr im Kino hört; ein Riesenspaß, ihm zuzuhören. Den Riesenspaß gönnt sich Tarantino bei aller rassenhassverachtender Ernsthaftigkeit auch mit einer typischen Blutorgie, die so übertrieben ist, dass man unweigerlich lachen muss. Weiteren Witz erlaubt er sich mit der Darstellung tumber Ku-Klux-Klan-Kapuzenträger. Natürlich zeigt Tarantino auch filmisch wieder Witz, mit seinen Großaufnahmen von Steigbügeln, Bierschaum und mehr. Musikalisch ebenso; spätestens, wenn der Hip-Hop-Beat einsetzt, kann man über die Blutrauschszene nur lachen. Hat er also wieder gut gemacht.