Von Matthias Bosenick (07.03.2016)
Das ist also der vermeintliche Abschluss der Trilogie: „Die Brücke“, dänisch-schwedische Vorlage zu „The Bridge“ und „The Tunnel/Le Tunnel“, behandelt obskure, düstere, blutige Kriminalfälle, die in Kopenhagen und Malmö stattfinden und deshalb von einem Ermittlerteam aus beiden beteiligten Ländern gelöst werden müssen. Im Zentrum steht Saga Norén aus Malmö, nur noch, denn in der dritten Staffel fehlt ihr bisheriger dänischer Kollege Martin Rohde. Wie man mit dem Wegfall der Figur umgeht, ist sehr gut gelöst. Saga bekommt mehr Tiefe, es kommen einige interessante Figuren ins Spiel, die Dialoge sind ansprechend – nur das Drehbuch verursacht an vielen Stellen Kopfschmerzen. Doch der letzte Teil entschädigt für alles. Und lässt es sogar zu, dass es irgendwie weitergehen könnte.
Die zweite Staffel endete mit einem Knall: Weil Martin Rohde gegen Dienstvorschriften verstieß, zeigte Saga ihn an und riss ihn damit aus ihrem effektiven Zweierteam. Hintergrund dafür war aber, dass Rohde-Darsteller Kim Bodnia mit der Entwicklung seiner Figur nicht einverstanden war und das Handtuch schmiss. Und das mitten im Cliffhanger! Der übrigens in Staffel 3 nicht aufgelöst wird. Wie so vieles, aber dazu später mehr.
Es ist einiges anders in Staffel 3. Der Mordfall betrifft dieses Mal nicht die titelgebende Øresundbrücke zwischen Malmö und Kopenhagen, sondern einen Mordfall in Schweden, der an einer Dänin begangen wurde. So wird die erneute Kooperation beider Polizeistationen wieder erforderlich. Ein guter Kniff ist, dass Saga zunächst eine Frau an die Seite gestellt bekommt, und dann auch noch eine, die Sagas Verhalten Rohde gegenüber kritisiert. Recht schnell jedoch nimmt die Dame ihr Bein wieder aus der Tür und macht Platz für einen wiederum männlichen Kopenhagener. Der indes behandelt Saga ganz anders als noch Rohde, mit dem sie immerhin so etwas wie eine Freundschaft startete. Dennoch machte sich Rohde immer über Sagas Verhalten lustig und belehrte sie. Hintergrund und mutige Idee ist, dass Saga Asperger-Autistin ist. Wer sich damit auskennt, weiß, dass Betroffene oft Schwierigkeiten mit Zwischenmenschlichem haben und als wenig empathisch gelten. In der ersten Folge der neuen Staffel steht Saga zunächst noch als das ulkige Trampelchen da, doch das gibt sich gottlob schnell. Saga ist keine Witzfigur. Und Henrik, ihr neuer Kollege, weiß das. Der hat indes mit eigenen Geistern aus der Vergangenheit zu kämpfen. Im Wortsinne, was man erst spät erläutert bekommt.
Und das ist leider ein Hauptproblem der neuen Staffel: Sie besteht aus so viel Nebenhandlung, dass die Ermittlungsarbeit viel zu kurz kommt. Die Polizei hinkt den Morden hinterher, nicht aber dem Täter. Das kommt erst spät, dass mal hier und da eine Spur aufgenommen wird. Bis dahin verfolgen die Ermittler Betroffene und Beteiligte, und was in deren Leben so passiert, stellt den Hauptteil der Geschichte dar. Das ist aus zwei Gründen langweilig: Zum einen lenken die ganzen Dramen von der Krimiebene ab und zum anderen hat der Drehbuchautor ein paar Dinge seltsam umgesetzt. Vieles erscheint reichlich abrupt und ohne Erläuterung in der Handlung, und wenn man das allmählich schulterzuckend akzeptiert hat, folgt irgendwann eine Auflösung, allerdings so nebenbei, dass der immanente Schockeffekt ausbleibt. Is dann halt so. Dazu kommt, dass viele ausgerollte Fäden nicht entwirrt werden. Ein paar Morde bleiben ungelöst, wie der an des Verdächtigen Claes‘ Vater oder der an Sagas Mutter. Auch die Taschenschmugglerei und der Mord am Auftraggeber versickern im Plot. Vermutlich sind die jeweiligen Lösungen doch irgendwo parat, aber einmal mehr so nebenbei fallen gelassen, dass man sie gar nicht wahrnimmt. Zudem kommt man recht schnell mit den vielen handelnden Personen durcheinander. Wer war jetzt nochmal wessen Vater, Oma, Leihtochter, Ziehonkel?
In der letzten Episode zieht dann gottlob alles so richtig an. Besonders das positive Verhältnis von Henrik und Saga bekommt ein wunderbares Gewicht. Endlich erfährt Saga den nötigen Respekt, auch von den Serienmachern selbst. Sie ist eben nicht nur ein effektiver Exot, sondern ein sensibler Mensch, der dies nur nicht zum Ausdruck bringen kann. Henrik nimmt sie und ihre vermeintlichen Marotten ernst und gibt ihr damit den Respekt, der sie für eine Freundschaft zu ihm öffnet. Auch der Fall vernetzt sich letztlich mit Sagas Biographie, das ist interessant gemacht und beruht nicht einfach nur auf blutigen Effekten. Ein schlüssiger Schluss. Der, so hofft man, kein Schlusspunkt sein muss.
Die DVDs gibt es, ebenso wie die zweite Staffel und leider anders als die erste, mit Untertiteln für Hörgeschädigte. Das ist gut, denn so kann man sich den herrlichen Originalton antun, denn wenn alles auf Deutsch übersetzt ist, weiß man oft gar nicht, in welcher Stadt man sich aufhält, und Dänisch und Schwedisch lassen sich schon gut auseinanderhalten (und mit Kenntnissen über die lokalen Animositäten erschließt sich der Witz der Serie noch besser: „Warum macht sie das Radio an? Und ausgerechnet einen Sender aus Schweden!“). Leider haben die Untertitel einige Defizite (und Grammatikfehler); vielleicht liegt es auch an ihnen, dass das Drehbuch so verworren wirkt. Dennoch, lieber so als im Synchron. Bonusmaterial gibt es bis auf ein paar Trailer keines; das findet man nur auf der Bonus-DVD der limitierten Fanbox mit allen drei Staffeln. Und die wie üblich dämliche deutsche Titel-Unterzeile „Transit in den Tod“ sei hier weiträumig verschwiegen.