Von Matthias Bosenick (22.02.2017)
Zum ersten Mal in Wolfsburg! Weil Braunschweig fürs Vollplaybacktheater seit dem Ende des FBZ einfach nicht mehr geht. Jaja, einmal mehr Salz in die Wunde. Im 20. Jahr ihres Bestehens entschleunigt die Wuppertaler Gruppe ihr Konzept: Zwar bleibt es dabei, dass eine Folge der drei Fragezeichen – hier „Der grüne Geist“, als Hörspiel die Nummer 8 – mit Artverwandtem und sonstwie Passendem gestreckt wird und die selbst stummen Schauspieler lediglich ihre Lippen dazu bewegen. An das reduzierte Tempo gewöhnt man sich schnell und findet die Vorteile: Die Gags dringen besser ins Bewusstsein und die bisweilen nervigen Animationssequenzen zum Mitschunkeln fallen deutlich kürzer aus. Ein Tischfeuerwerk der Retrokultur, des freakigen Sprachwitzes und der Samplekunst.
Was fällt einem selbst zum Thema „Geist“ ein? „Ghostbusters“ und „Hui Buh“, beides kommt hier tatsächlich vor. „Ghost – Nachricht von Sam“ überrascht dann schon, mit der herrlichen Töpferszene zwischen Peter und Bob. Noch nie passte Dauergast John Sinclair so gut zu den drei Detektiven wie hier, und noch nie zauberte das Theaterensemble die Dialoge zwischen dem Geisterjäger und den Fragezeichen so schlüssig zusammen. Als wären sie genau so aufgenommen worden. Dafür plündern sich die Wuppertaler quer durch sämtliche Folgen beider Serien – da muss jemand viel Zeit und ein gutes Ohr haben. Wie immer schneiden sie auch Sequenzen anderer Quellen mit denselben Stimmen wie im Hörspiel dazu (Kommissar Reynolds baggert plötzlich Lydia Green an) und bringen – ganz wie eine Band – ihre größten Hits unter, bisweilen in anderen Kontexten oder entstellt („jetzt klingt’s hohl“ und die Eissorten). Übertreiben und wiederholen macht oft den Witz, „ich bin siebenhundert Jahre alt“; diese redundante Repetition fügt der Aufführung stets etwas angenehm Dadaistisches hinzu, nicht zuletzt dank der Collagetechnik.
Es überrascht dabei, dass das Schnitttempo dieses mal so spürbar moderater ausfällt als sonst. So kommt das Gehirn hinterher und man neigt als Zuschauer nicht zum unkontrollierten Herausbrüllen der Lacher, sondern zum erfreuten Genießen. Zum Lachen bekommt man trotzdem genügend Stoff. Schön ist auch, dass die einst eingestreuten Vulgärszenen dieses Mal fehlen. Auch das überstumpfe Abfeiern von Trashhits fällt erfreulich kurz aus. Als langjähriger VPT-Goutierer ist man indes einigermaßen traurig darüber, dass Bob und Justus von anderen Darstellern verkörpert werden, wenngleich die Justus-Dame dem Ursprungsjustus in Sachen Bewegungen in nichts nachsteht. Mut zur Hässlichkeit haben sie alle, und wer jeden Abend zwei Flaschen Bier ext, muss eine harte Konstitution oder einen guten Trick haben.
Alles aufzählen kann man nie. Nicht das Plakat mit der Aufschrift „I (don’t) wand to believe“ in der Zentrale, nicht Yoda, nicht die Musik von „Twin Peaks“, nicht die Muppet Show, nicht die Wortspiele wie das rund um den „Klatsch“, nicht den Dialog zwischen Chang und dem Mexikaner aus dem „Superpapagei“. Eine Ankündigung ließ aufhorchen, denn im kommenden Jahr feiert das Vollplaybacktheater den 20. Geburtstag und erarbeitet dazu eine Spezialaufführung. Mit der das sechsköpfige Team gern auch wieder nach Wolfsburg kommt, hieß es, vor dem Abschlussschlachtruf: „Wolfsburg – Rock’n’Roll!“