Von Matthias Bosenick (03.01.2018)
Als sein Debüt gilt Dan Scarys „Dunkelpunk aus Unterwelt“, nach drei „Als ich aufhörte zu schweigen“-CDrs und einigen EPs als Downloads. Auf den größtenteils neuen elf Stücken verfeinert der Wolfsburger Sologruftpunk seinen eingeschlagenen Stil: Von dunklen Goth-Synth-Bands beeinflusster Gesellschaftskritikpunk mit linker Haltung. Musikalisch also aus der Zeit gefallen, inhaltlich indes äußerst nah am Geschehen. Und: Keine Fröhlichkeit bedeutet nicht, dass hier das Gejammer dominiert; mitnichten, es geht zur Sache, aber mit geballter Faust und Wut nicht nur im Bauch. Und Ohrwürmern.
Obgleich sich Dan Scary beim Goth und beim Punk bedient, bedient er beide Genres nicht im reinen Stile, sondern kreiert eine grenzüberschreitende Mischung aus beidem. Da er alle Instrumente selbst spielt, bis auf das Schlagzeug, das er programmiert, ist eine Soundähnlichkeit zu einigen bereits existierenden Bands quasi immanent, nämlich zu den Sisters Of Mercy und Red Lorry Yellow Lorry, erklärten Einflüssen Dan Scarys. Der tiefgestimmte Bass lässt die Fields Of The Nephilim durchschimmern. Ein Bisschen von den Cramps klingt an, wenn es mal etwas langsamer wird. Balladesk indes wird Dan Scary nie. Der Grundstimmung angemessen trägt Dan Scary seine Texte mit tiefer Stimme vor.
Bei der Grundkonstellation, nämlich alles solo und die Beats synthetisch, könnte man fürchten, das Album könne eindimensional ausfallen, doch dafür ist Dan Scary musikalischer Horizont zu weit. Er bedient eben nicht nur den stumpfen Zweivierteltakt des Humta-Punk, sondern wechselt mit den Rhythmen auch die Stimmungen und garniert die Tracks mit spielerischen Arrangements. Auf diese Weise arbeitet er exklsuive Sounds in jedes Stück ein und kreiert im Ohr hängen bleibende Tunes. Recht ähnlich ist indes die Vortragsweise bei den meisten Stücken.
Dafür dringen dann halt seine Inhalte besser durch: Dan Scary ist keineswegs zufrieden mit Land, Gesellschaft und Umständen. Häufig richtet er seinen Unmut gegen rechtes Denken und ein Deutschland, das sich in eine zurückgelassen geglaubte politische Richtung zu entwickeln droht. Auch Ausgrenzungen im Kulturbetrieb und Social-Media-Zombies etwa sprechsingt er an. Trotz der miesen Laune verpackt Dan Scary seine Inhalte aber häufig ironisch, ein Kniff, mit dem er die Dringlichkeit seiner Anliegen unterstreicht und sich nicht als reinen Miesmacher hinstellt, denn die kann er auch nicht leiden.
Einige Tracks sind bereits veröffentlicht, etwa das Titelstück der vorab erschienenen „Leichenwetter“-EP. In anderen Versionen gab es bereits „Nervenbahnenstagnation“ und „Land der 1000 Leichen“, etwa auf der „Darkustisch“-EP aus dem Jahr 2014. Im selben Jahr veröffentlichte Dan Scary ein Livekonzert aus Goslar, das neben eben diesen beiden Stücken auch eine frühe Version von „Neonlicht“ beinhaltete. Ja, es gelingt ihm tatsächlich, seine Songs auch live aufzuführen – nachzuhören in der Region, und wer nicht warten mag, kann sich auf Bandcamp nach Dan Scarys Musik umschauen.