Von Matthias Bosenick (03.11.2022)
Sprach- und Lärmgewaltig präsentieren Cryptic Brood aus Flechtorf (Gemeinde Lehre) ihre neue 7“ „Caustic Fetid Vomit“, die erste Studioveröffentlichung mit ausschließlich eigenen Songs seit drei Jahren. Sprachgewaltig, weil das Trio zum Ausdruck unvorstellbarer Abscheulichkeiten Wörter verwendet, die man selbst als halbwegs verhandlungssicherer Englischnutzer erst nachschlagen muss, und Lärmgewaltig, weil Cryptic Brood einfach die Klaviatur des Death Metal mit allem beherrschen, was angrenzend noch so existiert. Zwei Tracks, zehneinhalb Minuten, Geknüppel, Geschrei, Gemoste und Riffs, Brüche, Brutalität. In ausgewählt unekligen Farben!
Man möchte fast von progressivem Death Metal sprechen, wenn man sich diese beiden Songs anhört, wäre „progressiv“ nicht ein Attribut, das man mit eher weniger Brutalität verbindet. Dennoch, Cryptic Brood bleiben in ihren Stücken nicht auf einem Energie- und Tempolevel hängen, sie generieren verschachtelte Strukturen, fahren das Tempo temporär in Richtung Doom zurück, ohne die Härte zu vernachlässigen, behalten stets den Groove im Auge und bekommen zu dritt ein Volumen hin, für das andere mehr brauchen – mehr Personen und mehr als ein Studio im Jugendhaus Ost in Wolfsburg.
Ein wichtiges Merkmal von Cryptic Brood ist die Virtuosität der drei Musiker: Gitarre, Bass und Schlagzeug setzen sie nicht nur sachdienlich ein, sondern auch kunstvoll. Dunkle Gitarrenflächen sind da ebenso drin wie flirrendes Zicken oder treibender Groove, und den unterstreichen Bass und Schlagzeug dann; letzteres hat sowieso ein Eigenleben, mit all den Fills, Figuren und Freakigkeiten. Sobald es auch mal wesentlich schneller wird, lässt sich zudem der genetisch im Trio verankerte Punk nicht verleugnen. Grindcore, um mal ein Schlagwort anzuwenden.
Stimmlich gehen Keifen und Growlen Hand in Hand, und die Inhalte, die beide Sangesvarianten hervorbringen, kann man zwar nicht zwingend verstehen, aber angelehnt an Pressetext und Titel kann man deutlich mutmaßen, welche Abscheulichkeiten das Trio zusammenträgt. „Ätzend stinkendes Erbrechen“ hätte man als Laie mit anderem Vokabular ausgedrückt, da haben Cryptic Brood den Oxford Dictionary deutlich parater. Klingt distinguiert und hübsch, bedeutet aber Unhübsches.
Seit fast zehn Jahren sind Cryptic Brood nun aktiv, bestehend aus Sänger und Schlagzeuger Steffen Brandes (früher bei Dissouled, parallel auch bei Repulsive Feast, die ihrerseits soeben eine Split-Single mit Minenfeld aus Osnabrück herausbrachten), Sänger und Gitarrist Michael Lehner (einst bei der Black-Metal-Band Purgamentum) sowie Sänger und Bassist Dennis Butzke (parallel bei Arcane Frost). Die 7“ von Cryptic Brood gibt es in verschiedenen Farbvarianten: Die weiß-orange-marmorierte Single ist der Standard, auf Tour gibt’s noch eine Version in Grün. Ein guter Grund nebenbei, sich auch Repulsive Feast demnächst live anzusehen: Deren Split-7“ gibt’s nur am Merchstand in Pink.