Von Matthias Bosenick (17.04.2015)
Man hat in den zurückliegenden 20 Jahren, nach dem Ende der Band Tad, deren Chef Tad Doyle reichlich aus den Augen verloren. Er aber die Öffentlichkeit offenbar auch. Klammheimlich rumort er jedoch in diversen Besetzungen vor sich hin, jüngstens im Doom-Sludge-Metal-Trio Brothers Of The Sonic Cloth. Deren Debüt erscheint nicht von Ungefähr auf Neurosis‘ Label Neurot Recordings – dat passt schon. Nicht, dass man hier etwas weltbewegend Neues kredenzt bekäme, aber dafür ein sattes, amtliches Album mit grunzender Dunkelheit und schleppenden Melodien. Schön geworden.
Man mag es angesichts des dichten Sounds kaum glauben, aber Brothers Of The Sonic Cloth sind tatsächlich nur zu dritt, mit Peggy Doyle am Bass und Dave French am Schlagzeug. Ausgerechnet der erste Song mit dem nach dem langsamsten Ding klingenden Titel, „Lava“, ist der zunächst schnellste; hier gönnen sich die drei den fast irreführenden Anstrich einer beinahe klassischen riffbetonten Metalband. Ein schöner Opener dennoch, und danach drosseln sie das Tempo erheblich, lassen aber gelegentliche schnellere Passagen immer wieder mal einfließen. Malmen gehört zum Handwerk, und das können sie. Stundenlang auf einem Riff herumdröhnen. Kaum Fills in den Drums. Ein spärlicher Gesang als Mischung aus Schreien und Grunzen. Repetetive Strukturen. Wucht. Gewicht. Heavyness, ja, eindeutig. Und dann wieder Ausbrüche in eine Richtung, die für Sekundenbruchteile an die Blast Beats des Black Metal erinnern. Dieser Malstrom mündet bisweilen in fast hymnische, atmosphärische Elemente, die im Sinne der Sache beinahe wahnsinig schön klingen.
Zwar ist das vorliegende das erste Album des Trios, aber nicht das erste Lebenszeichen: Das gab es bereits 2009 als 10“-Split-EP mit der Stoner-Band Mico De Noche; der enthaltene Track „Fires Burn Dim In The Shadows Of The Mountain“ findet sich aber nicht auf dem Album. Zwischendurch wechselte der Drummer, außerdem veröffentlichte Doyle ein musikalisch vergleichbar ausgerichtetes Mini-Album mit dem Projekt Lumbar (oder auch LVMBAR), „The First And Last Days Of Unwelcome“, ausschließlich auf Vinyl und das in einem schmutzigen Gelb. Tja, und zurück bis 1995, 1997 verliert sich seine Spur tatsächlich weitgehend, als er seine Prä-Grunge-Band Tad mit dem finalen Album „Infra Red Riding Hood“ lethalerweise bei einem Majorlabel herausbrachte und zuletzt lediglich eine 7“ nachschob. Um die Zeit danach erschließen zu können, bedarf es einiger Recherche. Das Internet gibt preis, dass Dolye nach dem Aus der Band Tad 1999 die Band Hog Molly gründete und mit ihr das Album „Kung-Fu Cocktail Grip“ einspielte. Weitere Stationen waren die lediglich live existierenden Hoof sowie drei Songs mit Soundgarden als Tadgarden.
Mit Grunge hat Doyles gegenwärtiges Wirken aber nun gar nichts mehr zu tun. Glücklicherweise, denn Grunge ist genügend ausgenudelt, wenngleich Brothers Of The Sonic Cloth in ihrem Genre auch keine Meilensteine hinzufügen. Aber immerhin ist ihr neues Genre nicht so allgegenwärtig und breit abgesteckt wie weiland der Grunge. Wer Referenzen braucht, sei neben Neurosis auch an die Melvins, Earth, OM und Isis erinnert. Immerhin eine Referenz gibt es an alte Tad-Tage: Das Cover des Albums sieht fast so bescheuert aus wie früher. Und wie in den 90ern fehlen der Vinyl-Version zwei Tracks, darunter das aus einem düsteren Piano bestehende Outro „Outro – Piano“.