Von Matthias Bosenick (18.06.2025)
Mit der „Stories Of Surrender EP“ promotet und Politaktivist und Sänger der Rockband U2 Paul Hewson alias Bono Vox aus Dublin, Republik Irland, eine bei Apple+ erschienene gleichnamige Dokumentation über – Überraschung – ihn selbst, die wiederum seine Autobiografie „Surrender“ begleitet. Die drei Songs dieser 7“-Vinylsingle sind dem Film entnommen und wurden quasi live mit dem Jacknife Lee Ensemble aufgeführt, als hätte Hewson nicht bereits eine Band. Aber ja, die Versionen unterscheiden sich erheblich, sie sind in zwei Fällen minimalistischer und in einem auf eine ansprechend aufgebrochene Weise tanzbar.
Mit „Desire“ vom 1989er-U2-Album „Rattle And Hum“ startet die EP. Der Kniff ist hier, dass der Song dieses Mal einen durchgehenden Beat hat, um den herum sich der originale Bo-Diddley-Rhythmus perkussiv-dekorierend legt. Die Strophe ist dabei etwas karger gehalten, dafür ergänzen Streicher den Refrain, indes keine kitschigen. Zusätzliche Textanteile vergrößern den Unterschied zum Original. Gar nicht übel! Beinahe a cappella bringt Hewson „The Showman“ dar, das aus dem 2017er-Spätwerk U2s stammt, das bedauerlicherweise mit gleich zwei zusammengehörenden Alben eine Mischung aus Langeweile, Kitsch und schlechter Selbstkopie bot. Auf der „Songs Of Experience“ hieß das Stück noch vollständig „The Showman (Little More Better)“; diese Variante hier mit Kontrabass, Fingerschnipsen und leisem Gesang im Hintergrund ist so reduziert, dass sie das Langweilige verbirgt, zumal Hewson gegen Ende sogar richtig zum Brüllen neigt.
Dieser „War“ aus dem Jahr 1983 wird niemals enden, deshalb hat auch die Hitsingle „Sunday Bloody Sunday“ bedauerlicherweise permanent Relevanz. Hier reduziert das Ensemble den Song noch mehr als den davor, lediglich ein akustisches Klimpern begleitet Hewsons Gesang. Einmal mehr erweitert jener den Text, singt mehrmals „here she comes“ und hält danach noch ein kurzes Referat. Eine akustische Version des Song brachten U2 selbst ja bereits vor zwei Jahren auf der „Songs Of Surrender“-Box heraus, komischer Titel, ganz abgesehen von der dieser Variante sehr ähnlichen „Live From Sarajevo“-Version auf der „If God Will Send His Angels“-Maxi-CD 1997.
Eigentlich begleitet der Film Hewsons Solo-Tour „Stories Of Surrender: An Evening Of Words, Music And Some Mischief…“, mithin stellt die vorliegende EP lediglich einen winzigen Ausschnitt der Setlist des Films dar. Dazu kommt, dass der mittlere Song gar nicht Teil der Tour war, sondern Hewson ihn im Teatro di San Carlo in Neapel bei Proben performte und er im Film lediglich während der End-Credits läuft. Hewsons Begleitband, das Jacknife Lee Ensemble, besteht aus dem langjährigen U2-Intimus und Remixer Garret „Jacknife“ Lee an Schlagzeug und Keyboard, Klassikmusikerin Kate Ellis am Cello und Saint Sister Gemma Doherty mit Backgroundgesang.
Die Setlist im Film hat einen angenehmen Altersmix und lässt ahnen, dass mit der zu erwartenden Filmzweitverwertung auch noch ein Album mit dem kompletten Soundtrack erscheint:
City Of Blinding Lights
Vertigo
With Or Without You
Out Of Control
Stories For Boys
I Will Follow
Iris (Hold Me Close)
Sunday Bloody Sunday
Pride (In The Name Of Love)
Where The Streets Have No Name
Desire
Beautiful Day
Torna a Surriento
The Showman